Der neue ÖVP-Kanzler verspricht einmal mehr einen "neuen Stil" und gibt drei "Bekenntnisse" ab.
Die neue ÖVP-FPÖ-Regierung hat sich Mittwochnachmittag sdem Parlament vorgestellt. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bat dabei die Abgeordneten insbesondere der Opposition um einen respektvollen Umgang. In seiner ersten Parlamentsrede als Kanzler gab Kurz außerdem Bekenntnisse zur Geschichte des Landes und zur Europäischen Union ab und versprach einmal mehr einen "neuen Stil".
Veränderung schaffe Hoffnung und Chancen, aber "manchmal auch Reibung" und Unsicherheit, meinte Kurz. "Veränderung ist etwas, über das man immer unterschiedlicher Meinung sein kann. Aber Veränderung ist nichts, was sich aufhalten lässt." Die Regierung verfolge das gemeinsame Ziel, Österreich wieder an die Spitze zu führen. "Wir glauben an unser Österreich", so Kurz. Man wolle weiter vorn sein, wenn es um Fortschritt und Wettbewerbsfähigkeit gehe und näher dran sein, wenn es um Sicherheit und das Fortkommen des Einzelnen gehe.
Der neue Kanzler bat die Bevölkerung um Vertrauen für "diesen neuen Weg". Gleichzeitig versprach er: "Unseren Weg werden wir als Bundesregierung nicht beendet haben, bevor Österreich nicht noch besser dasteht, als es heute dasteht". Einmal mehr hob er zentrale Vorhaben der schwarz-blauen Regierung hervor, wie die Senkung der Steuerquote Richtung 40 Prozent, mehr Treffsicherheit des Sozialsystems inklusive Mindestsicherungs-Reform, "mehr Ordnung und Sicherheit", Kampf gegen illegale Migration oder Maßnahmen im Bildungsbereich.
Drei "Bekenntisse"
In seiner Rede gab Kurz drei "Bekenntnisse" ab: zur Vergangenheit des Landes, Europa und einem "neuen Stil". 2018 werde man das 100-jährige Bestehen der Republik feiern, aber auch "der beschämenden und traurigen Ereignisse rund um den März 1938" erinnern, sagte Kurz. Man müsse das Gedenken nutzen, um zu warnen, dass so etwas nie mehr geschehen dürfe. "Antisemitismus hat in Österreich und in Europa keinen Platz", betonte er.
Auch habe er immer klar gesagt, "dass diese Regierung eine pro-europäische sein wird", und das vorgelegte Programm unterstreiche das, befand Kurz. Er habe auch bereits erste Gespräche in Brüssel geführt, wie man den Ratsvorsitz im zweiten Halbjahr 2018 anlegen werde.
Als Werte, auf die die Regierung baue, zählte Kurz "Respekt, Anstand und auch Hausverstand" auf. Kurz wünschte sich eine beiderseitige respektvolle Zusammenarbeit mit den Abgeordneten. Er sei sich bewusst, dass es die Aufgabe der Opposition ist, die Regierung "zu kontrollieren, zu fordern und auch zu kritisieren". Die Opposition werde wohl auch mit dem Regierungsprogramm nicht zufrieden sein. Er respektiere das, unterstrich der Kanzler, aber er bitte die Opposition, auch zu respektieren, dass das Regierungsprogramm "einzig und allein" die Umsetzung von Wahlversprechen von ÖVP und FPÖ sei, für die man eben gewählt worden sei. "Ich freue mich auf den Diskurs und die Debatte", er bitte dabei aber auch, einen Weg zu finden, respektvoll miteinander umzugehen, so Kurz - im Ton, im Auftreten und in den Ansagen.
Die Bundesregierung werde sich anstrengen und er verspreche, "dass wir stets das wohl des Landes in den Mittelpunkt stellen werden", bekräftigte Kurz. Man werde genau auf die Verwendung des Steuergeldes achten. "Der gesunde Hausverstand wird stets auch ein Kompass für unsere Politik sein."
Strache will gute Vorschläge der Opposition würdigen
Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) versicherte der Opposition, gute Vorschläge von ihr aufnehmen zu wollen. Er werde sicher "Selbstreflexion haben". Denn er habe sich zwölf Jahre als Oppositionspolitiker geärgert, wie gute Anträge einfach negiert worden seien. Sein Anspruch werde daher sein, gute inhaltliche Vorschläge entsprechend zu würdigen.
Inhaltlich hob der FPÖ-Chef den Sicherheits- und den Asylbereich hervor. Außerdem will er die Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler gemeinsam mit Italien umsetzen. Ausdrückliches Lob gab es für Kanzler Kurz. Nie zuvor habe er so einen jungen Mann kennengelernt, der so gewissenhaft und fleißig arbeite. Das verdiene Respekt und Vertrauen.
Freilich gestand der FPÖ-Chef zu, dass man sich aus Sicht seiner Partei in manchen Bereichen noch größere Vorhaben vorstellen hätte können, etwa beim Ausbau der direkten Demokratie. Trotzdem sei ein "historischer Moment" gelungen, dass Menschen verbindliche Volksabstimmungen erzwingen werden können. Was die Kammern angeht, hätte sich Strache eine Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft gewünscht. Er glaube aber, dass sowohl bei Arbeiter- als auch bei der Wirtschaftskammer die Einsicht da sei, dass es Beitragsreduktionen brauchen werde.
Strache gefiel sichtlich die Möglichkeit, erstmals eine Erklärung von der Regierungsbank abzugeben. Mit 38 Minuten sprach er gleich elf Minuten länger als Regierungschef Kurz.
(APA)