Uber verliert die Schlacht um Europa

Der US-Konzern Uber setzt auch auf selbstfahrende Autos. Dort gibt es mehr Fortschritte als bei der Fahrdienstvermittlung, die der EuGH nun in die Schranken wies.
Der US-Konzern Uber setzt auch auf selbstfahrende Autos. Dort gibt es mehr Fortschritte als bei der Fahrdienstvermittlung, die der EuGH nun in die Schranken wies.(c) APA/AFP/ANGELO MERENDINO (ANGELO MERENDINO)
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Der Fahrdienstleister hat vor dem EuGH eine schwere Niederlage erlitten. Das Urteil macht künftig auch Plattformen wie Airbnb und den Online-Essenszustellern das Leben schwerer.

Wien. Die Taxifahrer von Barcelona können sich von ihren Kollegen in ganz Europa feiern lassen. Viele juristische Kämpfe hat Uber auf dem alten Kontinent provoziert, aber keiner ging so hoch hinauf wie die Klage einer spanischen Taxlerinnung. Am Mittwoch hat der Europäische Gerichtshof sein Machtwort gesprochen: Das US-Unternehmen vermittelt mit seiner App nicht nur zwischen Fahrern und Kunden, als „Dienst an der Informationsgesellschaft“, sondern erbringt eine Verkehrsdienstleistung. Damit dürfen es die EU-Staaten so wie das Taxigewerbe regulieren: Lizenzen verlangen, Steuern eintreiben, Arbeitsverträge samt sozialem Schutz einfordern oder den Dienst gleich ganz verbieten.

Das Urteil ist ein Meilenstein, obwohl es vorerst keine großen Folgen hat. Denn es betrifft unmittelbar nur die Vermittlung von privaten Fahrern ohne Transportlizenz. Mit diesem Geschäftsmodell unter dem Namen Uber Pop hat sich das höchstbewertete Start-up der Welt schon aus dem Großteil Europas nach heftigem Widerstand zurückgezogen. Das Angebot gibt es nur noch in Polen, Tschechien, der Slowakei und Rumänien. London hat es im September verbannt (noch nicht rechtskräftig, deshalb gibt es dort vorerst weiterhin private Fahrer).

In der Regel vermittelt Uber nun zu Mietwagenfirmen mit Chauffeuren. Dieses Angebot ist aber weniger attraktiv. Anders als die Amerikaner fürchten viele Europäer schiefe Blicke, wenn sie in die Nobelkarosse eines Limousinenservice wie Uber Black steigen. Vor allem aber fällt auch bei den bescheideneren Gefährten von Uber X ein Teil der Preisersparnis weg. Schneller vor Ort ist „das Uber“ auch nicht mehr unbedingt. Dazu müsste die App die Bestellung direkt an den Fahrer weitergeben. Das aber ist Mietwagenfirmen vielerorts verboten.

Die Bestellung muss über die Zentrale laufen, Fahrer dürfen Aufträge nicht direkt annehmen – anders als bei Taxis, die man herbeiwinken kann. Darum geht es in einem deutschen Fall, für den das EuGH-Urteil noch aussteht. Und in Wien, wo das Oberlandesgericht im Oktober eine einstweilige Verfügung gegen einen ähnlichen kleinen Anbieter bestätigt hat.

Entgegen allen Beteuerungen dürfte Uber deshalb sehr wohl darauf gehofft haben, beim ersten Urteil auf EU-Ebene recht zu bekommen – und in der Folge wieder auf sein altes Geschäftsmodell zurückgreifen zu können, das in den USA und anderswo so gut läuft.

Kein Schutz von Brüssel

Denn bisher wähnte sich das Technologieunternehmen unter dem Schutz von EU-Richtlinien, die freien Dienstleistungsverkehr garantieren und Onlinefirmen vom Zwang zu Lizenzen befreien. Nun aber haben die Richter die Taxikonkurrenten der Verkehrspolitik zugerechnet, aus der sich Brüssel weitgehend heraushält.

Hier können nationale Regulatoren einschränken und verbieten, was sie wollen. Mehr noch: Sie haben nun sogar einen klaren Auftrag, an Uber die gleiche Messlatte anzulegen wie an ein Taxiunternehmen. Die Begründungen, die das Gericht in Luxemburg liefert, dürften zum Teil auch für die neuen Angebote gelten: Die App macht eine Verkehrsdienstleistung zugänglich und ist für Fahrer wie Kunden unerlässlich. Zudem übt Uber „entscheidenden Einfluss auf die Bedingungen aus, unter denen die Fahrer die Leistung erbringen“.

Nicht nur elektronisch vermitteln, sondern auch die Leistung dahinter organisieren: Das machen nach der gleichen Logik auch Privatzimmervermittler wie Airbnb oder Essenszustellerplattformen wie Foodora. Sie alle müssen nach dem neuen Urteil härtere Restriktionen fürchten – und das nicht europaeinheitlich, sondern in jedem Land anders. Immer geht es um den Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs, weil sich die Tech-Unternehmen und ihre Heerschar an selbstständigen Mitstreitern nicht an die Regeln halten, die ihre traditionellen Konkurrenten befolgen müssen. Zugleich schwindet aber die Hoffnung, dass der frische Wind der „disruptiven“ Rebellen zu einer weniger überbordenden Regulierung und mehr Wettbewerb in stark verkrusteten Branchen führen könnte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2017)

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