„Heute geben wir den Menschen ihr Geld zurück“, jubelte Parlamentspräsident Paul Ryan. Präsident Trump präsentierte sich als Santa Claus. Die Steuerzahler könnten es bereuen.
Joe Walsh gehört nicht zu jenen, die Donald Trump nur das Schlechteste wünschen. Der ehemalige republikanische Parlamentsabgeordnete und konservative Radio-Moderator aus Illinois ist ein stramm-rechter Beobachter der Politik, der froh ist, dass Trump im Weißen Haus sitzt.
Deshalb war es bemerkenswert, dass Walsh keineswegs in Jubel ausbrach, als die Steuerreform des Präsidenten den Kongress passierte. Das Projekt, mit dem Trump sein erstes Jahr im Amt krönte, berge hohe Risiken für die republikanische Partei bei den Wahlen im kommenden Jahr, schrieb Walsh auf Twitter: Denn das neue Steuersystem nutze vor allem den Reichen und nicht den Durchschnittsamerikanern.
Trumps ersehnter Erfolg
Am Ende seines ersten Amtsjahres, in dem nicht sehr viel glatt lief für ihn, landete Trump vor Weihnachten noch den ersehnten großen Wurf. „Ich habe dem amerikanischen Volk große, wunderschöne Steuersenkungen zu Weihnachten versprochen. Nach der letzten Abstimmung über dieses Gesetz ist es genau das, was sie bekommen“, erklärte er am Mittwoch in einer Mitteilung. „Amerika ist wieder auf der Siegerstraße, und wir wachsen wie niemals zuvor.“
An der Mehrheit hatte bei der Abstimmung kein Zweifel mehr bestanden, nachdem sich auch die republikanischen Skeptiker im Senat breitschlagen hatten lassen. Anders als bei der gescheiterten Reform des Gesundheitswesens vor einigen Monaten ziehen die Republikaner bei der Steuerreform an einem Strang. „Heute geben wir den Menschen dieses Landes ihr Geld zurück“, sagte Paul Ryan, der republikanische Präsident des Repräsentantenhauses.
Niedrige Körperschaftssteuer
Mit der Reform wird die Körperschaftssteuer von 35 Prozent auf 21 Prozent gesenkt, der Spitzensatz bei der Einkommensteuer sinkt von 39,6 auf 37 Prozent. Damit will Trump die US-Wirtschaft im internationalen Vergleich konkurrenzfähiger machen. Das ursprüngliche Vorhaben einer Importsteuer, die große Probleme für Exportnationen wie Deutschland mit sich gebracht hätte, wurde indes fallen gelassen.
Trumps Regierung verspricht Steuersenkungen für Normalverdiener; nach Medienberichten profitieren Unternehmen und die Wohlhabenden allerdings wesentlich mehr als mittlere und untere Einkommensschichten. So wird die Schwelle für die Erbschaftssteuer angehoben, die Schwerreiche betrifft. Einige Vergünstigungen für Normalverdiener sind dagegen zeitlich befristet. Aus der von Trump versprochenen großen Vereinfachung des Steuersystems ist ebenfalls nichts geworden. Fast nebenbei schafft die Steuerreform die von Trumps Vorgänger Barack Obama eingeführte Krankenversicherungspflicht ab.
Außerdem weiß niemand so genau, wie die Steuersenkungen bezahlt werden sollen: Unabhängige Berechnungen gehen von einer Deckungslücke von bis zu 1,5 Billionen Dollar über zehn Jahre aus. Die Republikaner hoffen auf ein erhöhtes Steuereinkommen durch eine bessere Konjunktur, um die Zeche zahlen zu können. Kein Wunder, dass die Demokraten von einem Pyrrhussieg der Regierung sprechen und Morgenluft wittern. Die Steuerreform werde zum Mühlstein für die Republikaner.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2017)