Vom Wandel der Furien

Empathie macht uns zum Menschen. Aber sie kann schiefgehen. Die dunklen Seiten der Empathie analysieren die Philosophin Martha Nussbaum und der Kognitionsforscher Fritz Breithaupt von verschiedenen Seiten. Einig sind sie sich, dass ausuferndeEmotionen eingehegt gehören.

Schwarz sind sie und scheußlich anzusehen, eine abscheuliche Flüssigkeit tropft ihnen aus den Augen. Blutklumpen, die sie mit ihrer Beute verschlungen haben, speien sie wieder aus. Die Erinnyen sprechen nicht, sie ächzen und jaulen. „Bring deines Ingrimms schwarzen Wogensturz zu Ruh“, richtet sich der Chor in Aischylos Drama an die Furien. Die rachsüchtigen Zornbündel verwandeln sich. Athene bringt zuwege, sie in das Gemeinwohl einzubinden. Sie vernichtet die Erinnyen nicht, sondern überzeugt sie, sich mit der Stadt zusammenzutun, und weist ihnen einen Platz zu – in der Unterwelt. Beim Festzug nehmen sie eine aufrechte Haltung ein, mit purpurnen Festgewändern ausgestattet. Ab jetzt werden sie der Stadt als Eumeniden Wohlwollen entgegenbringen. Aischylos zufolge wurde nicht einfach ein Käfig um den Zorn errichtet, sondern der Zorn wurde von Grund auf verändert.

Darin erkennt die Philosophin Martha Nussbaum zwei zentrale Wandlungen. Die erste besteht, darin, dass Athene Rechtsinstitutionen schafft, um den endlosen Kreislauf der Blutrache zu durchbrechen. Und zweitere transformiert die Emotionen, verändert die Empfindungen im persönlichen wie im öffentlichen Bereich. Nussbaum nennt diesen Prozess „Zorn des Übergangs“: „Wie empörend. Dagegen sollte etwas unternommen werden.“ Dieser Zorn ist auf die Zukunft gerichtet. „Der vom Zorn umfasste Gedanke an Vergeltung oder Heimzahlung ist bei einer vernünftigen und nicht übermäßig ängstlichen und statusfokussierten Person nur ein kurzer Traum, eine Wolke, die bald durch vernünftigere Vorstellungen vom Wohl des Einzelnen und der Gemeinschaft vertrieben wird.“

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