Swift-Abkommen: Der „Daten-Drang“ der USA

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US-Heimatschutz-Chefin Janet Napolitano fordert von der EU mehr Hilfe gegen potenzielle Terroristen. Europäische Bankdaten sollen trotz Widerstandes übermittelt werden.

Toledo/WIEN. Nach den sicherheitstechnischen Schlappen rund um das fehlgeschlagene Attentat Ende Dezember auf einem Flug von Amsterdam nach Detroit fordern die USA nun von der EU eine noch konsequentere Zusammenarbeit. Die Leiterin des US-Heimatschutzes, Janet Napolitano, traf am Donnerstag im spanischen Toledo mit allen EU-Innenministern zusammen. Wie Österreichs Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) im Gespräch mit der „Presse“ bestätigte, ging es dabei vor allem um die „Identifikation potenzieller Terroristen“ und um das Aufspüren gefährlicher Materialien. Die USA hätten erneut die Übermittlung relevanter Daten eingefordert. „Allerdings haben auch wir betont, dass wir im Gegenzug ebenfalls den Zugang zu Daten benötigt“, so Fekter.

Aktuell fordern die USA den Zugriff auf alle Banküberweisungsdaten, die vom Finanzdienstleister Swift gespeichert werden. Ein diesbezügliches Abkommen soll am 1. Februar in Kraft treten. Doch im Europaparlament gibt es massiven Widerstand. Die USA fürchten, dass der Zugriff schon nach wenigen Wochen wieder gestoppt werden könnte.

Jeder ist im Visier

Es geht um sensible Daten. Theoretisch kann jeder EU-Bürger ins Visier der US-Fahnder geraten, der eine Überweisung über die Landesgrenzen hinweg in Auftrag gegeben hat. Das System übermittelt die Namen von Absender und Empfänger, die Kontodaten, die Summe und den Verwendungszweck.

Die USA wollen herausfiltern, wie die Geldflüsse an terroristische Vereinigungen wie al-Qaida laufen. Fekter: „Es geht darum, dass al-Qaida nicht mehr als Netzwerk agiert, sondern durch Einzelpersonen“. Mithilfe einer Rasterfahndung sollen sie ausfindig gemacht werden.

Umstritten ist die Weitergabe der Daten, weil es für europäische Bankkunden keine Sicherheit darüber gibt, was mit ihren Daten in weiterer Folge geschieht. So gibt es auch keine Sicherheit, dass die Daten nicht an Drittstaaten weitergegeben werden. Die USA möchten die Swift-Daten bis zu fünf Jahre lang speichern.

Beim Gespräch mit Napolitano ging es aber auch um die weitere Kooperation, was Fluggastdaten betrifft. Hier gab es von der EU bisher nur eine eingeschränkte Weitergabe. Seit August 2007 dürfen amerikanische Fahnder die Daten europäischer Fluggäste 15 Jahre lang speichern. Allerdings werden derzeit laut Sicherheitsexperten nur 19 spezielle Daten übermittelt – darunter Kreditkartennummer und Telefonnummer. Die USA forderten von Beginn an dem Vernehmen nach 34 Daten je Fluggast.

Die USA seien auf die Kooperation der Europäer angewiesen, begründete Napolitano ihre Forderungen nach weiteren Daten. Der Terrorkampf gehe alle an. Allein bei dem misslungenen Terroranschlag am 25. Dezember auf dem Flug von Amsterdam nach Detroit seien Passagiere aus 17 Nationen an Bord gewesen. Den Terroristen könne nur das Handwerk gelegt werden, wenn alle Staaten daran mitwirkten.

In der EU wächst allerdings der Widerstand gegen eine allzu bereitwillige Weitergabe von Daten. Zum einen bremst das EU-Parlament. Aber auch der künftigen EU-Justizkommissarin Viviane Reding gehen die Regelungen zu weit. Bei ihrem Hearing vergangene Woche im Europaparlament warnte sie davor, dass sich die EU zu viele Regeln aufzwingen lasse, „die gegen unsere Grundrechte sind, die gegen den Schutz unserer Privatsphäre und von personenbezogenen Daten sind. Das wollen wir nicht, auch nicht zugunsten von Antiterror-Maßnahmen.“

Meinung, Seite 31

LEXIKON

Swift-Abkommen.
Anfang Februar tritt ein Abkommen zwischen der EU und den USA in Kraft, das den Zugriff von
US-Terrorfahndern auf alle
grenzüberschreitenden
Banküberweisungen in Europa ermöglicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2010)

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Kommentare

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