„Prosit“ oder „Ein schönes neues Jahr“ haben einander heuer wieder Milliarden Menschen gewünscht, und so manche haben auch Vorsätze gefasst.
Doch kaum jemand ist zum Anlass des Jahreswechsels an einen Mitmenschen herangetreten, um ihm zu sagen: „Es ist fünf vor zwölf, mein Lieber! Bessere dich, sonst wird es mit dir ein übles Ende nehmen!“
Entsprechendes, allerdings die ganze Menschheit betreffend, äußerte UNO-Generalsekretär António Guterres in seiner Neujahrsansprache: Er rief die „Alarmstufe rot“ für den ganzen Planeten (was immer das bedeuten mag) aus, erklärte, dass die Konflikte sich verschlimmert hätten. Mag sein (oder auch nicht). Solche säkularen Bußpredigten wirken jedenfalls kontraproduktiv, weil wir sie längst gewohnt sind. Wie oft hat man uns erklärt, dass „jetzt“ die letzte Chance sei, den Klimawandel zu stoppen? Solche Alarmrufe wirken vor allem abstumpfend – wie die Schreckensbilder auf den Zigarettenpackerln, die viele Raucher mittlerweile routiniert verhüllen.
Vielleicht sollten wir uns zum Jahreswechsel lieber darüber freuen, wie viele angekündigte Katastrophen (vom Waldsterben bis zum Atomkrieg) nicht eingetroffen sind. Was alles besser geworden ist. Sicher: Es kann, es soll noch viel besser werden. Aber Optimismus kann dabei eher helfen als Unkenrufe. Prosit 2018!
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.01.2018)