Hassan Rohani: Ein Präsident, zu liberal für den Iran?

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Dem moderaten Präsidenten fällt die Durchsetzung seiner politischen Ziele schwer. Denn es fehlt ihm die Unterstützung des konservativen Klerus.

Hassan Rouhani wurde zweimal mit einer absoluten Mehrheit vom iranischen Volk in direkter Wahl zum Präsidenten gewählt. Dass er ein Mann des Volkes ist, bewies er in seiner Reaktion auf die tödlichen Proteste, die das Land seit Donnerstag in Griff halten: Es wäre ein Fehler, die Proteste nur als ausländische Verschwörung einzustufen, meinte der Staatschef am Montag. "Auch sind die Probleme der Menschen nicht nur wirtschaftlicher Natur, sondern sie fordern auch mehr Freiheiten." Es war eine indirekte Kritik an den Hardlinern, die es ihm schwer machen, seine Politik durchzusetzen. Denn es fehlt ihm die Unterstützung des mächtigen erzkonservativen Klerus und der diesem nahestehenden Revolutionsgarden.

Der 1948 in Sorkheh im Zentraliran geborene Rouhani stammt aus einer religiösen Familie und wurde an islamischen Schulen ausgebildet. Er studierte Jus in Teheran und Schottland und ist schiitischer Rechtsgelehrter. In den letzten Jahren der Monarchie lebte er im Exil in Europa; nach der Islamischen Revolution kehrte er in den Iran zurück. Er wurde Abgeordneter im Parlament, machte eine Karriere im Militärapparat und verhandelte zeitweise mit den Westmächten über das iranische Atomprogramm.

Seit seiner ersten Wahl zum Präsidenten 2013 betreibt Rouhani eine für iranische Verhältnisse liberale Innen- und Außenpolitik. Er will nach vorne blicken und die Konflikte mit dem Westen möglichst überwinden, um das Land modernisieren zu können. Doch dieser Kurs kommt weder beim Klerus noch bei den Revolutionsgarden gut an.

Probleme unter Donald Trump

Rouhanis Widersacher wollen zurück zu den Wurzeln der Islamischen Revolution von 1979, als der prowestliche autoritäre Schah gestürzt wurde. Deshalb bremsen sie den Präsidenten aus. Zu den Versprechen, die Rouhani nicht einhalten konnte, gehört die Freilassung aller politischen Gefangenen.

Dennoch hat Rouhani in seiner ersten Amtszeit einiges erreicht. Mit dem Wiener Atomabkommen von 2015 und dem damit verbundenen Ende der Wirtschaftssanktionen hat der 68-Jährige die politische und wirtschaftliche Isolierung des Landes teilweise durchbrechen können. Vor allem fließt das Öl, die Haupteinnahmequelle des Landes, wieder.

Wichtig für Rouhani waren die "Versöhnung mit der Welt" sowie die Verbesserung des iranischen Ansehens. Das kam einigermaßen voran, solange Barack Obama US-Präsident war. Mit Donald Trump im Weißen Haus wurde aber Rouhanis Iran erneut zum Schurkenstaat erklärt, den die USA einer Achse des Bösen zuordnen und mit Sanktionen belegen.

Rouhani muss umdenken

Der nur zähe innenpolitische Fortschritt und die trotz des Atomabkommens andauernde Wirtschaftskrise nähren auch die aktuellen Proteste im Land. Die Inflation mag der Auslöser des Unmuts gewesen sein, dahinter kamen innen- und außenpolitische Themen zum Vorschein.

Auf besondere Kritik stößt die Bündnis- und Nahostpolitik Rouhanis. Warum sollten "die iranischen Arier" Araber in Palästina, Syrien, Libanon und Jemen unterstützen, fragten Demonstranten. Und wieso soll das Land wegen dieser arabischen Länder sich mit der Weltmacht USA und Israel anlegen. Das Geld, das seit fast vier Jahrzehnten für die Araber ausgegeben werde, solle die Regierung besser daheim investieren.

Rouhani muss umdenken, wenn er sich weiterhin als Präsident des Volkes zeigen will. Seine Rechnung, dass Reformen im Rahmen des islamischen Systems funktionieren würden, ging nur teilweise auf. In seiner 2017 begonnenen zweiten Amtszeit, die bis 2021 dauert, wollen die Menschen mehr. Doch die "Mullahs-raus"-Forderungen der Demonstranten kann er nicht erfüllen. Er ist schließlich selbst ein Kleriker.

(APA/dpa/Farshid Motahari)

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