Erdöl: Das Comeback der Geopolitik

An Erdöl wird es der Welt auch 2018 nicht mangeln.
An Erdöl wird es der Welt auch 2018 nicht mangeln.(c) REUTERS (Lucas Jackson)
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Die Krise im Iran hebt den Ölpreis auf ein Zweijahreshoch. Dort wird er vermutlich eine Weile bleiben. Auch, weil Russland die Opec-Förderbremse 2018 erstmals voll umsetzen muss.

Wien. Die politische Unruhe im Nahen Osten treibt den Ölpreis auf den höchsten Wert seit gut zwei Jahren. Vor allem die Sorge, dass die beginnenden Revolten gegen die iranische Regierung die Erdölproduktion im drittgrößten Opec-Land stören könnten, hoben den Rohstoff auch am Dienstag wieder deutlich über die 65-Dollar-Marke.

Damit feiert das geopolitische Risiko ein Comeback in der Ölwelt. In den vergangenen Jahren war so viel Erdöl auf dem Markt, dass kleinere Krisenherde den Preis kaum beeinflussen konnten. Inzwischen ist der Rohstoff wieder knapp genug, dass die instabile Lage in der Golfregion wieder ausreicht, um ihn teuer zu halten. Zu verdanken haben die Ölunternehmen den Aufwärtstrend vor allem dem Förderkartell Opec. Die Vereinbarung der Produzenten, weniger Öl aus der Erde zu holen, um den Preis zu stabilisieren, hat gewirkt. Und das, obwohl längst nicht alle, die den historischen Deal unterschrieben haben, bisher so richtig dabei waren.

Russlands Deal mit der Opec

Prominentestes Beispiel ist Russland: Das Land hat sich im Oktober 2016 entschieden, als eines der wichtigsten Nicht-Opec-Länder im Ölgeschäft, die Förderbremse des Kartells mitzutragen.

Das hinderte Moskau aber nicht daran, im vergangenen Jahr mehr Öl aus der Erde zu holen als je zuvor seit dem Ende der Sowjet-Ära. Im Schnitt förderte das Land 10,98 Millionen Fass Erdöl am Tag, das sind 0,1 Prozent mehr als 2016, so die aktuellste Statistik, die das Energieministerium am Dienstag veröffentlichte. Damit geht die jahrelange Aufholbewegung der russischen Ölindustrie ungebrochen weiter. Seit Wladimir Putin im Jahr 1999 in Russland an die Macht kam, hat sich die Ölproduktion des Landes von damals 6,1 Millionen Fass Erdöl am Tag fast verdoppelt. Dieses Kunststück war im Vorjahr nur möglich, weil sich Russland beim Deal mit der Opec Sonderkonditionen ausgehandelt hat.

Öl bleibt vorerst teuer

Moskau hat damals zugesichert, 300.000 Fass Erdöl am Tag weniger zu fördern, kurz vor der Einigung die Förderkapazitäten jedoch stark ausgeweitet. Russland stieg also bei vergleichsweise hohem Tempo auf die Bremse – und setzte auch das nur schrittweise um. In den ersten Monaten 2017 konnte die Produktionsleistung also weit über 11.000 Fass am Tag bleiben. Im heurigen Jahr wird Russland erstmals die gesamte versprochene Reduktion zu spüren bekommen. Experten rechnen erstmals seit Jahren mit einer Stagnation der russischen Ölproduktion.

Das wiederum ist ein gutes Signal für all jene Investoren und Ölfirmen, die auf weiter hohe Ölpreise hoffen. Für sie bleibt die größte Gefahr, dass die USA die Märkte mit Schieferöl fluten. Doch gegen Jahresende ebbte auch die Produktion in den Vereinigten Staaten etwas ab, die Zahl der Bohrtürme stagnierte. Zudem haben die Amerikaner auch die prall gefüllten Öllager seit deren Höchststand im Mai immerhin um ein Fünftel geleert. Ende 2017 waren sie auf dem niedrigsten Stand seit Oktober 2015. Auch das sollte den Ölpreis heuer eher oben halten.

Zumindest im ersten Halbjahr. Wie es danach weitergeht, wird das nächste Treffen der Opec-Mitglieder im Juni entscheiden. Hier wollen die Förderländer beraten, wie es mit der Förderbremse weitergehen soll und wie ein möglicher Ausstieg aussehen könnte. Ein abruptes Ende könnte den Ölpreis wieder in den Keller schicken, so die Sorge. Dennoch riefen beim jüngsten Opec-Treffen im November in Wien einige Staaten nach einem Exit-Szenario. Eines der lautesten war damals Russland.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2018)

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