Nur einen Tag nachdem Nordkoreas Diktator, Kim Jong-un, angedeutet hatte, man würde an den Winterspielen in Südkorea teilnehmen, schlug der Süden hochrangiges Treffen für 9. Jänner vor.
Erst überraschte Nordkoreas Machthaber, Kim Jong-un, mit einer freundlichen Geste im Vorfeld der Olympischen Winterspiele in Südkorea im Februar. Nun nimmt die Regierung des Südens den Diktator des Nordens beim Wort und schlägt ihrerseits ein „hochrangiges Gespräch“ vor: Am 9. Jänner schon könnten sich Emissäre beider verfeindeter Bruderstaaten am Grenzkontrollpunkt Panmunjom treffen.
Seoul hat tatsächlich kaum gezögert, um eine neue Chance auf Wiederaufnahme des innerkoreanischen Dialogs zu eröffnen. Südkoreas Minister für nationale Einheit, Cho Myong Gyon, überbrachte die Einladung am Dienstag per Videobotschaft: „Wir möchten von Angesicht zu Angesicht mit Nordkorea an einem Tisch sitzen und offen über gemeinsame Interessen diskutieren – mit dem Ziel, bessere Beziehungen zu gestalten.“
Das gab es lang nicht mehr, seit 2015 sind die direkten Kontakte zwischen beiden eingefroren.
Damit liegt der Ball wieder im Feld der Nordkoreaner. Wenn Kim Jong-un seine eigene Neujahrsbotschaft ernst nimmt, müsste er das Gesprächsangebot annehmen. Die militärischen Spannungen sollten reduziert werden, sagte Kim in seiner vom Staatsfernsehen ausgestrahlten Ansprache. Darin wünschte er den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang Erfolg und stellte sogar in Aussicht, dass eine eigene Delegation daran teilnehmen werde. Darüber könne man sofort verhandeln. Bisher hatte Pjöngjang der Veranstaltung die kalte Schulter gezeigt.
Will der Norden nur spalten?
Auch wenn es zunächst vielleicht nur um eine Sportveranstaltung geht, steht doch angesichts der Krise um Nordkoreas Atomwaffen sehr viel mehr auf dem Spiel. Minister Cho sprach den Wunsch seiner Regierung aus, auch direkt über eine Verbesserung der politischen Beziehungen zu reden. Südkorea sei bereit, dafür einen Minister zu entsenden. Dennoch ist man in Seoul skeptisch, ob das Kim-Regime tatsächlich zu ernsthaften Gesprächen oder gar einer Annäherung bereit ist. Es könnte in Kims Kalkül liegen, Südkorea zu locken und zugleich einen Keil zwischen Seoul und dessen Verbündete, vor allem die USA und Japan, zu treiben.
Südkoreas Präsident, Moon Jae-in, deutete deshalb am Dienstag an, dass eine solche interne Verbesserung der Beziehungen mit dem Norden nicht von der Lösung des Atomstreits getrennt werden könne. Er wies sein Außenamt an, sich über weitere Schritte eng mit den Alliierten abzustimmen, damit beide Probleme „zur gleichen Zeit“ behandelt würden.
Chance für Eiskunstlaufpaar
In seiner Neujahrsbotschaft hatte Kim Jong-un nämlich auch verkündet, dass Nordkorea in Zukunft atomare Sprengköpfe und ballistische Raketen „in Massenproduktion“ fertigen wolle. Moon hatte Kim bereits kurz nach seinem Amtsantritt im Juli Militärgespräche und ein Treffen der Rotkreuzverbände zu humanitären Fragen angeboten. Pjöngjang war darauf nicht eingegangen. Auch jetzt gibt es noch keine Reaktion auf Südkoreas Vorschlag.
Da aber die Zeit drängt, wären dennoch Sondergespräche über Olympia (von 9. bis 25. Februar) denkbar. Nur wer könnte für Nordkorea antreten? Ein Eiskunstlaufpaar hatte sich bei der Nebelhorn-Trophy in Oberstdorf (Bayern) im September eigentlich für die Spiele qualifiziert, aber das Regime ließ die Anmeldefrist verstreichen.
Sportler als „Versicherung“
Das Internationale Olympische Komitee könnte jedoch kulant sein und in diesem Spezialfall eine „sportliche“ Lösung ermöglichen. Es wäre zudem auch für die anderen Teilnehmer der Spiele beruhigend, wenn mit einer Gefahr aus dem Norden nicht gerechnet werden muss. Kim hat tatsächlich zu Neujahr ein „friedliches Umfeld“ für die Spiele im Süden gewünscht.
Die Austragungsorte Pyeongchang und Gangneung liegen nur 80Kilometer von der schwer bewachten demilitarisierten Grenzzone am 38. Breitengrad entfernt. Südkoreas Präsident, Moon Jae-in, schlug im vergangenen Monat vor, für die Dauer der Spiele auf große Manöver mit den USA zu verzichten, da Pjöngjang dies stets als Provokation aufgefasst hatte. Und eine olympische Teilnahme von Nordkoreanern würde zu mehr Sicherheit zumindest in diesem Zeitraum und bis dahin führen.
Südkorea hatte schon 1988 die Olympischen Sommerspiele veranstaltet. Damals herrschte in Pjöngjang noch der Großvater des heutigen Despoten, der „ewige Präsident“, Kim Il-sung. Bei der Vergabe der Spiele an Südkorea hatte der Norden damals versucht, sich die Austragung der Hälfte der Wettbewerbe zu sichern. Aber weder die Veranstaltungsnation noch das IOC ging auf so eine weitreichende Forderung ein. Mit weniger Wettkämpfen wollte sich der Norden jedoch nicht abfinden und blieb den Sommerspielen fern.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2018)