Studie: Familiennachzug könnte Gewalttaten-Anstieg eindämmen

Bundesamt fuer Migration und Fluechtlinge auf dem Gelaende der ehemaligen Suedkaserne Nuernberg 23 09 2
Bundesamt fuer Migration und Fluechtlinge auf dem Gelaende der ehemaligen Suedkaserne Nuernberg 23 09 2imago/Future Image
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Eine Studie für das deutsche Familienministerium zeigt: Flüchtlingskriminalität steigt bei fehlender Perspektive. Der Anstieg bei Gewaltdelikten ist großteils auf Flüchtlinge zurückzuführen.

Straftaten von Flüchtlingen gehen nach einer Studie vor allem von jungen Männern aus, die keine Aussicht auf ein Bleiberecht in Deutschland haben. Es seien insbesondere junge Männer, die keine Perspektive für sich in Deutschland sähen und dann anfingen, straffällig zu werden, sagte eine Sprecherin des Bundesfamilienministeriums, das die Untersuchung in Auftrag gegeben hat, am Mittwoch in Berlin. Sie sprach sich indirekt für den umstrittenen Familiennachzug aus, um die Kriminalität bei Flüchtlingen zu dämpfen: "Die Studie zeigt auch, dass Familien zur sozialen Stabilisierung beitragen." Die Städte und Gemeinden indes lehnen den Familiennachzug ab und warnen vor einer Überforderung bei der Integration.

Es kämen monatlich immer noch rund 15.000 Flüchtlinge, was einer deutschen Kleinstadt entspreche, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), Gerd Landsberg, in Berlin. "Wir tun gut daran, nicht Tür und Tor komplett zu öffnen." Die Möglichkeiten etwa zur Unterbringung der Menschen seien begrenzt. Der Städtebund forderte, eine neue Bundesregierung müsse nordafrikanische Staaten als sichere Herkunftsländer einstufen, um die Zuwanderung von dort einzugrenzen. Zudem müsse der Bund Hilfen für die Kommunen zugunsten von Flüchtlingen langfristig garantieren.

Zahlen aus Niedersachsen

Die Studie legt die Entwicklung in Niedersachsen zu Grunde. Dort ist die Zahl der polizeilich erfassten Gewalttaten von 2007 bis 2014 um knapp 22 Prozent zurückgegangen. Nach dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 kehrte sich der Trend um: Die Statistik verzeichnet zwischen 2015 und 2016 eine Zunahme der Gewaltdelikte um über zehn Prozent. Dieser Anstieg ist nach Erkenntnissen der Experten zu über 92 Prozent auf Flüchtlinge zurückzuführen. "Die Zahl der Fälle mit tatverdächtigen Flüchtlingen hat sich dadurch zwischen 2014 und 2016 um 241 Prozent erhöht", heißt es in der Expertise.

Nicht aus allen Ländern kommen gleich viele 14- bis 30-Jährige. Ihr Anteil liegt umso höher, je gefährlicher der Fluchtweg ist, heißt es. Fast jeder zweite Hilfesuchende aus Nordafrika, der über die Mittelmeer-Route nach Niedersachsen gekommen ist, gehört dieser Altersgruppe an. Bei den Flüchtlingen aus Syrien, Irak und Afghanistan ist es nur jeder vierte. Bei den Asylbewerbern aus osteuropäischen Ländern sinkt die Quote auf knapp 15 Prozent. Bei den übrigen Herkunftsländern - überwiegend afrikanische und asiatische Staaten - gehört jeder Dritte zur Gruppe der männlichen 14- bis 30-Jährigen. "Hieraus erwachsen beachtliche Unterschiede in der polizeilich registrierten Gewaltbelastung der vier Gruppen", heißt es in der Studie.

Familiennachzug auch Koalitions-Knackpunkt

Vor ihren Sondierungsgesprächen zur Regierungsbildung liegen Union und SPD in der Flüchtlingsfrage auseinander. Vor allem die CSU dringt darauf, dass der Familiennachzug mit eingeschränktem Status weiter untersagt bleibt. Im März läuft die Regelung ab. Die SPD sieht das in großen Teilen anders und den Nachzug als Integrationshilfe. Die Sprecherin des Familienministeriums, das von der SPD-Politikerin Katarina Barley geschäftsführend geleitet wird, sagte mit Blick auf die Studie, seit 2015 habe es einen Anstieg von Gewalttaten gegeben, den die Autoren auf den Zuzug von Flüchtlingen zurückführten. In dem Jahr waren rund eine Million Hilfesuchende nach Deutschland gekommen. Die Autoren stellten aber auch klar, dass die Flüchtlinge nicht pauschal krimineller seien als Deutsche.

Für den Nachzug der Angehörigen plädierte auch einer der Autoren der Studie, der Kriminologe Christian Pfeiffer. "Je höher der Frauenanteil bei einer Flüchtlingsgruppe, umso ziviler verhält sie sich. Frauen zivilisieren die Männer", sagte der ehemalige Leiter des Kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachsen im ZDF. "Wenn die Frauen fehlen, können sich Macho-Kulturen entwickeln und umso stärker ausgelebt werden", sagte Pfeiffer. "Von daher gesehen ist Familiennachzug richtig."

Nach Auffassung des Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow, belegt die Studie die Dringlichkeit einer gezielten Prävention. Deshalb seien verpflichtende Sprachkurse, Praktika oder Betreuungskonzepte für junge Flüchtlinge wichtig. Zugleich müssten abgelehnte Asylbewerber zügig in ihrer Heimatländer zurückgeführt werden. Nach der Untersuchung sind es vor allem nordafrikanische Männer, die den polizeilichen Statistiken überproportional vertreten sind. Sie haben kaum Chancen auf ein Bleiberecht in Deutschland.

(Reuters)

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