Donald Trumps Twitter-Diplomatie

Donald Trump is back: Nach der Rückkehr aus dem Weihnachtsurlaub nach Washington rührt der Präsident wieder kräftig um.
Donald Trump is back: Nach der Rückkehr aus dem Weihnachtsurlaub nach Washington rührt der Präsident wieder kräftig um. (c) APA/AFP/BRENDAN SMIALOWSKI (BRENDAN SMIALOWSKI)
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Der Präsident begann das neue Jahr mit einem Twitterhagel. Der Fokus liegt auf der Außenpolitik. Im Visier: Pakistan, der Iran, Diktator Kim Jong-un und die Palästinenser.

Wien/Washington. Kaum war der Präsident nach der Silvesterparty im „Winter White House“, seinem Luxus-Domizil Mar-a-Lago in Florida, aufgewacht, schickte er am Neujahrsmorgen schon einen ersten Tweet in die Welt hinaus, der in Islamabad ein kleineres Beben auslösen sollte. „Die USA haben Pakistan in den vergangenen 15 Jahren mehr als 33 Milliarden Dollar an Finanzhilfe gegeben, und wir haben nichts zurückbekommen als Lügen und Betrügereien. Sie halten unsere Führer für Trottel.“

Nach mehrmaligen Warnungen hält die Trump-Regierung im Anti-Terrorkampf in Afghanistan vorerst eine Tranche von 255 Millionen Dollar, die für Pakistan bestimmt ist, zurück. Khawaja Asif, der pakistanische Außenminister, zitierte prompt den US-Botschafter zu sich. In Islamabad trat danach das Sicherheitskabinett zusammen, um eine Gegenstrategie vorzubereiten.

Danach war das Mullah-Regime in Teheran, eines der großen Feindbilder des US-Präsidenten, an der Reihe. Trump sieht sich durch die Proteste im Iran in seinem Ruf nach einem Wechsel bestätigt, wie er es via Twitter in Balkenlettern formulierte. Er schimpfte über das korrupte System und die Milliarden, die in den Taschen der Mullahs verschwänden – und er signalisierte zu gegebener Zeit Unterstützung für die Regimegegner.

Inzwischen ist Trump nach Washington zurückgekehrt, und seine Twitter-Diplomatie hat an Tempo, Intensität und Vehemenz zugenommen. Trumps Aktivitäten auf seinem Lieblingsspielzeug erwecken den Eindruck, als hätte er für 2018 den Vorsatz gefasst, die Welt aus den Angeln zu hebeln und die Schurkenstaaten und „Bösewichte“ in Schranken zu weisen.

„Habe größeren Atomknopf“

Beim Präsidenten endet indessen der Versuch des Stabschefs John Kelly, des Ex-Generals der Eliteeinheit der Marines, dem Trump-Team im Weißen Haus militärische Disziplin aufzuerlegen. Bei Ministern und Beratern mag dies noch gelingen, bei Familienangehörigen wie Tochter Ivanka und Schwiegersohn Jared Kushner schon weniger. Und ein Donald Trump lässt sich auf Dauer ohnehin keine Zügel anlegen. Er reagiert so spontan und impulsiv, wie er dies auch im Geschäfts- und Privatleben getan hat.

Als Kim Jong-un, den Trump bereits hämisch als „Little Rocket Man“ auf Selbstmordmission und als „klein und fett“ charakterisiert hat, sich in seiner Neujahrsbotschaft mit dem Atomknopf auf seinem Schreibtisch brüstete, konnte die Antwort aus Washington nicht lange ausbleiben. Sein Atomknopf sei – natürlich, was sonst? – größer und mächtiger, trumpfte Trump auf Twitter auf. Diplomatie im Nordkorea-Konflikt sei Zeitverschwendung, hatte er Rex Tillerson, seinem Außenminister, bereits im Sommer beschieden. Stattdessen drohte er mit „Feuer und Zorn“.

Ganz auf Trumps Linie liegt hingegen Nikki Haley, die forsche UN-Botschafterin, die nicht nur ein Ende der Raketentests an die Gespräche knüpft, sondern auch ein Aus für das Atomwaffenprogramm Nordkoreas. „Wir glauben nicht, dass wir lächeln und ein Foto machen müssen.“

Impuls statt Strategie

Trumps Twitter-Diplomatie hat Auswirkungen für die US-Außenpolitik, die weniger einer ausformulierten Strategie oder gar einer Doktrin folgt, sondern eher Impulsen und Instinkten. Eine Annäherung zwischen Nord- und Südkorea könnte so eine Entfremdung zwischen Washington und den Alliierten in Seoul einleiten, die jährlich gemeinsame Militärmanöver abhalten. Das Verhältnis zwischen Trump und Südkoreas Präsidenten, Moon Jae-in, gilt ohnedies als angespannt. Ex-Generalstabschef Mike Mullen warnte unlängst gar, die USA stünden einem Atomkrieg mit Nordkorea näher denn je.

In seiner Außenpolitik lässt sich der US-Präsident neuerdings von seinen aggressiven Wahlversprechen leiten. Neben der Ankündigung des Ausbaus der Mauer zu Mexiko hat kein Punkt seine Anhänger mehr elektrisiert als die Verheißung einer Verlegung der US-Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem. Die Anerkennung Jerusalems als offizieller Hauptstadt Israels, verknüpft mit der Androhung der Einstellung der Finanzhilfe bei Gegenstimmen für eine entsprechende UN-Resolution, hat viele Staaten – auch im Westen – düpiert. Nun drohte Trump via Twitter mit einem Stopp der Hilfszahlungen an die Palästinenser, sollten sie nicht an den Verhandlungstisch zurückkehren: „Hunderte Millionen Dollar und kein Respekt“, so lautet sein Fazit.

Im Übrigen stellte Trump – selbstredend via Twitter – für Montag die Verkündung der Preise der „unehrlichsten und korruptesten Medien des Jahres“ in Aussicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2018)

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