Der Sender des Papstes spricht nicht mehr zu uns

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Symbolbild.(c) EPA (Osservatore)
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In der Woche vor Weihnachten wurde der seit 1931 existierende Radiosender der Päpste abgedreht, das Internetzeitalter hat ihm das Ende bereitet. Schade darum. Das Kommunikationsorgan der katholischen Kirche war weltweit zu hören und stand immer auch für eine Haltung.

Joseph Ratzinger war noch ein Knirps, als erstmals ein Pontifex auf Sendung ging: Es war Pius XI., der sich am 12. Februar 1931 pünktlich um 16.30 Uhr zum ersten Mal mit einer Radiobotschaft über den hauseigenen Sender an die Gläubigen in aller Welt wandte, natürlich in lateinischer Sprache: „Hört zu, ihr Himmel, ich will reden, die Erde lausche meinen Worten.“

Weniger pathetisch sagte man später: „Es geht uns darum, dem interessierten Publikum zu erklären, was die katholische Kirche tut und lehrt, was die Christen in aller Welt unternehmen oder leiden.“ So die Ansage von Radio Vaticana, das in der Folge in nahezu 50 Sprachen seine Programme ausstrahlte, von Albanisch bis Weißrussisch, über Mittel-, Kurzwelle und übers Internet.

Es war ein Physik-Nobelpreisträger, Guglielmo Marconi, der Erfinder des drahtlosen Funks, der von Pius mit dem Aufbau der Übertragungstechnik beauftragt wurde. In wenigen Monaten war 1931 ein Sender in den Vatikanischen Gärten installiert, zwanzig Jahre später wurde bereits ein modernes großes Sendezentrum errichtet. Natürlich bestand die Essenz der Berichte aus Papstreden, Messen, Nachrichten und Interviews, aber der Sender hatte auch einen Musikdirektor, der neben Klassik auch gern Jazz und Pop hineinmischte, 1974 gab es das erste Musikprogramm für jüngere Hörer.

Nicht nur Hofberichterstattung

Radio Vatikan stand immer auch für eine Haltung. Die Mitte zwischen Hofberichterstattung und aktuellem Journalismus wurde unter dem legendären Chef Federico Lombardi immer wieder gefunden. Im Zweiten Weltkrieg und in der Zeit des Kalten Kriegs danach war Radio Vatikan der Sender, der päpstliche Mahnungen und die Botschaft von Glaube und Freiheit über die Ländergrenzen hinaustrug, dafür sorgten die Jesuiten, unter deren Ägide es stand.

Man berichtete über Menschenrechtsverletzungen, bevor der Papst eindeutige Worte fand. Der unangepasste Sender war dem Nazi-Regime ein Dorn im Auge, auch die Ostblockregime hätten lieber gehabt, dass nicht Nachrichten, sondern Psalmengesang verbreitet worden wäre. Und es war ein antikommunistisch eingestellter Pontifex, Johannes Paul II., der mit seinen über 90 Pastoralreisen den Radiojournalisten viel Freude machte.

Im Archiv des Senders finden sich Tonclips mit beträchtlichem historischen Wert, wie die Botschaft von Pius XII. im August 1939: „Die Gefahr steht unmittelbar bevor, aber es ist noch Zeit. Nichts ist mit dem Frieden verloren. Aber alles kann mit dem Krieg verloren sein.“

Der Vatikansender lastete schwer auf den Kassen der Kirche. So entschied man sich unter Papst Franziskus zur Einrichtung eines multimedialen mehrsprachigen Medienportals im Internet, Vatican News, das alle Nachrichtenkanäle des Papstes vereinen soll. 650Personen sind hier beschäftigt, mehr als die Hälfte zuletzt bei Radio Vatikan.

Zusammenlegung von Redaktionen: Das kennt man in der Branche. Man verspricht, mit diesem Internetauftritt weiterhin auf die Bedürfnisse der Gläubigen in den einzelnen Ländern einzugehen. Radio Vatikan freilich ist nur noch in Italien zu hören. Der alte Name ging verloren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2018)

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