Türkis-Blau: "Jedes Ministerium wird einsparen müssen"

Torte in einem Schaukasten im Rahmen einer Klausur der Bundesregierung in Seggauberg
Torte in einem Schaukasten im Rahmen einer Klausur der Bundesregierung in Seggauberg APA/ROLAND SCHLAGER
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Die Regierung setzt ihre Klausur im steirischen Schloss Seggau fort. Ausgearbeitet werden erste Schritte, hin zu den angestrebten Einsparungen von 2,5 Milliarden Euro. Unklar blieb vorerst, wie das Arbeitslosengeld künftig ausschauen soll.

Die Koalition setzt am heutigen Freitag ihre Klausur auf Schloss Seggau im südsteirischen Leibnitz fort. Geplant ist, Arbeitsschwerpunkte für die türkis-blaue Bundesregierung festzulegen, über welche Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) am späteren Nachmittag gegenüber den Medien Auskunft geben wollen.

Zuvor wurde von den Teilnehmern die gute Stimmung gelobt. Man agiere „sehr kameradschaftlich und im Umgang sehr fein“, meinte etwa Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) am Freitag im Ö1-„Morgenjournal“. Auch die von den Freiheitlichen nominierte Außenministerin Karin Kneissl lobte das „wechselseitige Vorstellen von Inhalten“, das „Substanz und Beziehung“ schaffe. ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann ortete ein „professionelles Verhalten all dieser Mitglieder zueinander“.

Nicht auf die Stimmung, dafür auf bereits gestern, Donnerstag, angeklungene türkis-blaue Vorhaben – im Speziellen die von Finanzminister Hartwig Löger angekündigten Einsparungen im Rahmen von 2,5 Milliarden Euro –, gingen dann die neu festgelegten Regierungskoordinatoren, Gernot Blümel und Norbert Hofer ein.

„Mittels Förderungsreduktion, mittels Sparen bei den ausgegliederten Gesellschaften und auch was Nachbesetzungen nach Pensionierungen betrifft – das sind die großen Brocken, die wir jetzt auch per Ministerratsvortrag fixieren wollen“, erläuterte Kanzleramtsminister Blümel (ÖVP) den Weg dorthin. Zu letzterem Punkt präzisierte er: Ziel sei es, „dass nur jede dritte Planstelle nachbesetzt werden sollte – ausgenommen die Bereiche Bildung und Sicherheit“. Der neue FPÖ-Infrastrukturminister Hofer ergänzte dazu: „Jedes Ministerium wird einsparen müssen, damit wir das große Ziel erreichen, nämlich: die Steuer- und Abgabenquote auf 40 Prozent zu senken“.

Sparen beim Personal: Ball liegt bei Strache

Wie viel Geld beim Punkt Personal letztlich zu holen sei, sei „gar nicht so leicht“ zu sagen, räumte Hofer ein. Denn: In manchen Ministerien sei der Altersschnitt höher, „die werden mehr getroffen, als diejenigen, die einen geringeren Altersschnitt haben“. Hier die Details zu erheben, werde Aufgabe von Vizekanzler und FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache sein, der die Personalagende über habe.

Apropos Strache: Angesprochen auf dessen die Ankündigung, Asylwerber in Kasernen unterbringen zu wollen, meinte Blümel vage: „Wir haben im Koalitionspakt vereinbart, dass wir Abstand nehmen wollen von der privaten Unterbringung.“ Man werde sich ansehen müssen, „wo das wie möglich ist“.

Hofer setzt auf "offenen Dialog" mit Bundesländern

Zum Thema Arbeitslosengeld neu erläuterte Blümel, die Regierung habe vor, hier „degressiv“ zu gestalten, „das heißt: Wenn jemand lange eingezahlt hat, dann soll er – wenn er aus irgendeinem Grund plötzlich arbeitslos wird – natürlich entsprechend viel bekommen.“ Das solle dazu führen, dass der Anreiz bestehe, rasch wieder eine Beschäftigung anzunehmen. Auf die Frage, ob das bedeute, dass Langzeitarbeitslose irgendwann kein Arbeitslosengeld mehr bekommen würden, blieb Blümel vage: Nach einer Zeit solle „das weniger werden, damit der Anreiz da ist, möglichst schnell wieder eine Beschäftigung anzunehmen“. Die Mindestsicherung sei dann „das letzte Netz, das bestehen bleibt“.

Was unter der angekündigten Deregulierungsoffensive zu verstehen sei, beantwortete dann Hofer folgendermaßen: „Das ist ein Unwort und geistert seit vielen Jahren durch die Politik“, um gleich dem neuen Minister für Justiz und Staatsreform, den früheren Rechnungshofpräsidenten Josef Moser, Rosen zu streuen. Dieser sei „ein echter Experte“ und werde nicht bloß reden, sondern Taten setzen. In anderen Worten: „Wenn wir Österreich besser verwalten wollen, dann müssen wir auch darauf achten, dass sich verschiedene Gebietskörperschaften nicht wechselseitig blockieren, die Zuständigkeiten klarer regeln.“

Oder: „Im Gesundheitsbereich verpulvern wir Milliarden jedes Jahr, weil Patienten im falschen Bett liegen, weil Patienten, die pflegebedürftig sind in Akutbetten gebracht werden“, so Hofer. Den Einwand, dass man sich hier mit den Bundesländern anlegen werden müsse, versuchte der Minister zu entkräften: Man habe keine Konfrontation vor, sondern einen „sehr offenen Dialog“.
>>> Bericht im Ö1-„Morgenjournal“

(hell)

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