Asylwerber in Wiener Kasernen? Strache rudert zurück

Blick in ein Zimmer von Rekruten in der Maria Theresien-Kaserne
Blick in ein Zimmer von Rekruten in der Maria Theresien-Kaserne(c) Clemens Fabry (Presse)
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Asylwerber könnten in Kasernen untergebracht werden, sagte der FPÖ-Vizekanzler gestern. Heute ergänzte er: "Es ist kein Thema", da man die Gebäude nicht brauche. Von der SPÖ kommt Kritik.

Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) fühlt sich von den Medien missverstanden. Er sei „fast schon belustigt, was da hineininterpretiert wird", meinte der FPÖ-Obmann am Freitag am Rande der Regierungsklausur in Seggau, „aus einer Maus" werde „ein Elefant produziert". Gemeint sind Berichte über seine Aussagen, er könne sich vorstellen, Asylwerber in Wien künftig in Kasernen unterzubringen

Strache hatte am Donnerstag im ORF Wien gesagt, dass „Vieles im Bereich der Asylbetreuung“ in den vergangenen Jahren in Richtung NGOs und privater Vereine ausgelagert worden sei. „Wir sagen: Da muss wieder eine staatliche Verantwortung gelebt werden“, damit „nicht eine Geschäftemacherei entsteht“. Konkret: „Mein Modell ist, dass wir von den NGOs weggehen, in eine staatliche Betreuung und dass es da oder dort auch Sinn ergeben kann, vielleicht die ein oder andere leer stehende Kaserne auch zu nutzen.“

Außerdem könne er sich eine Art Ausgangssperre für Flüchtlinge vorstellen. „Es ist ja bereits in der Vergangenheit darüber diskutiert worden, ob es nicht so sein soll, dass ab einer gewissen Abendzeit alle wieder in der Kaserne zu sein haben. Es braucht Ordnung, so lange es ein offenes Asylverfahren gibt", sagte Strache dem ORF Wien - und löste damit einiges an Kritik aus.

Strache: "Aus Maus ein Elefant produziert"

Am Freitag ruderte der Vizekanzler dann zurück: Er sei missinterpretiert worden, betonte er bei der Regierungsklausur. So sei es bei dem Interview um die Frage gegangen, was die Regierung mit den in ihrem Programm angedachten Zentren zur Unterbringung von Asylwerbern meine. Gemeint sei, dass der Innenminister dafür Sorge tragen wolle, dass künftig bei der Unterbringung von Asylwerbern die „staatliche Verantwortung" wieder gelebt werde.

Seine Aussagen zu den Kasernen seien weiters im Zusammenhang mit eventuell leer stehenden Objekten gefallen. „Aber es ist kein Thema, weil wir sie nicht benötigen", man habe derzeit keinen Bedarf an Quartieren.

Zuvor hatte Verteidigungsminister Mario Kunasek, gemeint, die Idee seines Parteichefs derzeit nicht weiterverfolgen zu wollen: „Es ist in meinem Ressort im Moment kein Thema", meinte Kunasek knapp.

Czernohorszky: FPÖ ersetzt "integrieren" durch "internieren"

Kritik an Straches Aussagen kam von SPÖ-Chef Christian Kern: Er bezeichnete die Idee am Freitag als weitere Nebelgranate der neuen Koalition. Es sei klar, dass Privatquartiere für Flüchtlinge billiger und wesentlich förderlicher für die Integration seien als irgendwelche Lager. Er stellte den Strache-Vorschlag auf eine Ebene mit der Diskussion um eine berittene Polizei für Wien und meinte, als nächstes gebe es dann wohl "aufblasbare Seepferdchen im Wörthersee".

Ablehnung kam auch vom Wiener Integrationsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ). Er schrieb auf seiner Facebook-Seite: "Strache will also Flüchtlinge in Kasernen sperren ... das Wort 'integrieren' hat die FPÖ ohnehin nie verstanden, jetzt wird es einfach durch 'internieren' ersetzt." Dieses Vorhaben, so der Stadtrat weiter, offenbare ein erschreckendes Menschenbild und sei ein "unglaubliches politisches Armutszeugnis". Czernohorszky sieht nun Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gefordert, "sich sofort von diesen wirren Ideen zu distanzieren und seinen Vizekanzler zurückzupfeifen", wie er auch in einer Aussendung betonte.

Czernohorszkys parteikollegin, die Wiener Sozialstadträtin Sandra Frauenberger, lehnte Straches Idee am Freitag ebenfalls ab. "Diese Vorschläge sind einem Vizekanzler nicht würdig", meinte sie, Asylwerber seien Menschen, nicht Gefangene. Auch Peter Hacker, Chef des Fonds Soziales Wien, zeigte sich in Richtung von Straches Vorschlag "fassungslos, wes Geistes Kinder diese Burschen sind".

Als Kritiker einer Unterbringung von Schutzsuchenden in Kasernen war übrigens einst auch Strache selbst aufgetreten. 2014 wetterte der FPÖ-Chef nach einem diesbezüglichen Vorschlag der damaligen ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner: Die Idee, Kasernen heranzuziehen, wirke sich nachteilig auf deren Verkauf und somit negativ auf das Heer aus, ließ er damals in einer Aussendung wissen.

>>> Strache im ORF Wien

(Red./APA)

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