Feuer und Wut im Trump-Team

Als beide noch offiziell zusammenarbeiteten. Donald Trump und sein damaliger Berater Steve Bannon besteigen die Air Force One.
Als beide noch offiziell zusammenarbeiteten. Donald Trump und sein damaliger Berater Steve Bannon besteigen die Air Force One.APA/AFP/NICHOLAS KAMM
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Vergeblich hat der US-Präsident versucht, das Erscheinen eines wenig schmeichelhaften Buchs über sein Wirken im Weißen Haus in letzter Minute zu verhindern. Trump spricht von Lüge und Exberater Bannon wird immer mehr isoliert.

Noch vor einer Woche war Donald Trump zufrieden mit sich und der Welt. Der US-Präsident hatte seine ersten Monate im Amt mit einer großen Steuerreform gekrönt, das Verfassungsgericht hatte seinen Muslim-Bann bestätigt, und das von ihm gehasste Regime im Iran geriet durch Straßenproteste unter Druck. Doch dann erschien Michael Wolff auf der Bildfläche. Sein Buch „Fire and Fury“, das am Freitag in die Läden kam und vielerorts sofort ausverkauft war, stürzt die Trump-Regierung in eine neue Krise. Trumps verzweifelter Versuch, das Buch verbieten zu lassen, verstärkt die Zweifel an seiner Eignung für das höchste Staatsamt.

„Danke, Herr Präsident“: Auf Twitter drückte Wolff seine Zufriedenheit mit der Werbekampagne für sein neues Werk aus und zollte Trump Anerkennung für dessen unfreiwillige Hilfe bei den Bemühungen, das Buch zu einem Bestseller zu machen. Nachdem der Präsident über seinen Anwalt mit einem Verbot des Buchs gedroht hatte, zog Wolffs Verlag das Erscheinungsdatum vor – und verhalf „Fire and Fury“ damit zu noch mehr Prominenz.

In der Buchhandlung Kramers in Washington drängten sich trotz eisiger Kälte bereits in der Nacht zum Freitag die Kunden, um sich beim Verkaufsstart um 24 Uhr Ortszeit ein Exemplar zu sichern. Innerhalb von 20 Minuten war das 300-Seiten-Werk ausverkauft. Beim Online-Riesen Amazon ist „Fire and Fury“ ebenfalls vergriffen und erst Ende Jänner wieder zu haben.


Der Egozentriker und das Chaos. Trump-Anwalt Charles Harder hat Wolff sowie dem Verlag Henry Holt mit einer Klage wegen übler Nachrede gedroht, falls das Buch auf den Markt kommen sollte. „Fire und Fury“ zeichnet das Bild eines egozentrischen Präsidenten und einer chaotischen Regierung und enthält zudem schwere Vorwürfe von Exberater Stephen Bannon gegen Trumps Familie. Das Weiße Haus weist Wolffs Darstellungen des Regierungsalltags zurück.

Kritiker sehen die Verbotsdrohung als unerhört für den Präsidenten eines Landes, das sich gern als Hort der Meinungsfreiheit feiert und das andere Nationen regelmäßig wegen Einschränkungen der Grundrechte ermahnt. Sie sehen einen neuen Tiefpunkt in der Geschichte des US-Präsidentenamts erreicht. Der Historiker Douglas Brinkley verglich Trump im Gespräch mit der „Washington Post“ mit Richard Nixon, der Anfang der 1970er-Jahre das Amt des Staatschefs auf ähnliche Weise zur Verfolgung von Gegnern missbraucht habe. Der Nachrichtensender CNN kommentierte, Trump reagiere so gereizt auf das Buch, weil Wolffs Beschreibung am sorgsam gepflegten Macher-Image des Präsidenten kratze.

Schon während seiner Karriere als Immobilienunternehmer hat der heute 71-jährige Trump mehrmals mit Klageandrohungen gearbeitet, um seinen Willen durchzusetzen. Seit seinem Wahlsieg im November 2016 hat er mit rechtlichen Schritten gegen die „New York Times“ und gegen Frauen gedroht, die ihm sexuelle Übergriffe vorwarfen. Geschehen ist jedoch nichts. Vor dem Richter hätte Trump gegen Wolffs Buch kaum Chancen auf Erfolg: Der Beweis der üblen Nachrede ist laut Einschätzung von Experten vor US-Gerichten sehr schwer zu führen, besonders von einem hochrangigen Politiker, von dem erwartet wird, viel Kritik hinzunehmen.

Wolff betonte im Sender NBC, er habe Aufzeichnungen und Tonaufnahmen seiner Recherchen im Weißen Haus. Bannon, der in Wolffs Buch gegen Trumps Familie wegen Landesverrats und Geldwäsche vom Leder zieht, hat die von dem Autor zitierten Äußerungen nicht dementiert. Auf Twitter schimpfte Trump dennoch, das Buch sei „voller Lügen“. Er drohte Wolff und Bannon mit Konsequenzen: Die Amerikaner würden sehen, was dem Autor und Exberater „passiert“.


„Wie ein Kind.“ Wolff betonte im NBC-Interview, Trumps Kritik helfe ihm gleich doppelt: Der Präsident kurble die Verkaufszahlen an und bestätige gleichzeitig die in dem Buch beschriebenen Charakterzüge des Staatsoberhaupts. Trump sei völlig unglaubwürdig. Für die Mitarbeiter Trumps sei der Staatschef „wie ein Kind“, dem es nur um sich selbst gehe. „Dieser Mann liest nichts und hört nicht zu.“

Viele Gesprächspartner im Weißen Haus hätten in den vergangenen Monaten unter dem Siegel der Vertraulichkeit über Dinge gesprochen, die jetzt von Wolff ans Tageslicht gebracht worden seien, berichtete die Nachrichten-Website Axios. Dazu gehörten das Desinteresse des Präsidenten an Sachthemen, seine Selbstverliebtheit und seine außenpolitische Unkenntnis. Laut Axios spielen mehr als ein halbes Dutzend Mitarbeiter des Weißen Hauses mit dem Gedanken zu kündigen.

Schon vor „Fire and Fury“ hat es bei Trump-Kritikern erhebliche Zweifel an der Eignung des Geschäftsmanns für das Präsidentenamt gegeben. Mehrere Medien meldeten, eine Gruppe von Parlamentariern habe Anfang Dezember eine Psychologin der Universität Yale zu Trumps Geistesverfassung befragt. Die Expertin sagte demnach, der Präsident sei „instabil“. Die Verfassung ermöglicht die Amtsenthebung eines Präsidenten aus medizinischen Gründen, doch ist dies bei Trump sehr unwahrscheinlich, weil der Vizepräsident und das Kabinett eine solche Entscheidung fällen müssten.

Schon zeichnen sich neue Schwierigkeiten für Trump in der Russland-Affäre ab. Laut „New York Times“ gebe es Hinweise darauf, dass sich der Präsident der Justizbehinderung schuldig gemacht haben könnte. Er habe demnach versucht, Justizminister Jeff Sessions daran zu hindern, sich bei den Russland-Ermittlungen für befangen zu erklären, was Trump wütend machte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.01.2018)

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