Asyl für türkischen Soldaten: Athen ficht Urteil an

Es ist ein diplomatischer Drahtseilakt Athens im Fall jener acht türkischen Soldaten, die sich im Juli 2016 nach dem Putschversuch gegen Präsident Recep Tayyip Erdoğan nach Griechenland abgesetzt hatten.
Es ist ein diplomatischer Drahtseilakt Athens im Fall jener acht türkischen Soldaten, die sich im Juli 2016 nach dem Putschversuch gegen Präsident Recep Tayyip Erdoğan nach Griechenland abgesetzt hatten.(c) APA/AFP/YASIN AKGUL (YASIN AKGUL)
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Die griechische Justiz gewährte einem türkischen Militär Asyl. Die griechische Opposition spricht von einem "Kniefall" der Regierung.

Athen. Es ist ein diplomatischer Drahtseilakt Athens im Fall jener acht türkischen Soldaten, die sich im Juli 2016 nach dem Putschversuch gegen Präsident Recep Tayyip Erdoğan nach Griechenland abgesetzt hatten: Nachdem der erste der acht Militärs kurz vor Jahresende in zweiter Instanz Asyl in Griechenland bekommen hatte, entschied sich die griechische Regierung nun dazu, diese Entscheidung anzufechten. Der Fall wird vor Athens Verwaltungsgerichtshof kommen.

Ein Schritt, der international Verwunderung hervorrief, denn das griechische Höchstgericht hat bereits gegen eine Auslieferung entschieden. Es besteht die Gefahr, dass die Soldaten in der Türkei kein fairer Prozess erwartet, hieß es. Und die griechische Opposition sprach von einem „Kniefall“ der Regierung von Alexis Tsipras vor den Drohungen der Türkei.

Guter Wille gegenüber Erdoğan

Regierungssprecher Dimitris Tzanakopoulos versuchte nun, die Position der Regierung besser zu erklären. Er bestätigte, dass die türkischen Soldaten nicht in die Türkei ausgeliefert werden. Dieses Thema sei nach der Entscheidung des Höchstgerichts vom Tisch. Gleichzeitig aber betonte er, dass Putschisten im Land grundsätzlich „unerwünscht“ seien. Für die Regierung sei noch nicht geklärt, ob die Soldaten am Putsch beteiligt gewesen seien, ob sie also auch Anspruch auf Asyl hätten.

Offiziell wird es abgestritten, aber natürlich will Athen Präsident Erdoğan gegenüber guten Willen zeigen. Die Regierung setzt auf reibungslosere bilaterale Beziehungen, auch ein Tauwetter der Türkei mit der EU insgesamt ist in ihrem Interesse. Auch in einer anderen Frage zeigte sich Athen daher nach dem Griechenlandbesuch Erdoğans Anfang Dezember 2017 völlig überraschend gesprächsbereit: Plötzlich denkt man laut darüber nach, die muslimische Gemeinschaft in Nordostgriechenland ihre Muftis, ganz gegen die bisherige Praxis, selbst wählen zu lassen. (c.g.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2018)

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