Insolvenz

Niki: Zurück an den Start?

Wohin geht die Reise für die Billigfluglinie Niki? Nach dem gescheiterten Verkauf an die Lufthansa ist nun auch der Verkauf an IAG – vorerst – wieder nichtig.
Wohin geht die Reise für die Billigfluglinie Niki? Nach dem gescheiterten Verkauf an die Lufthansa ist nun auch der Verkauf an IAG – vorerst – wieder nichtig.(c) Michael Fritscher / picturedesk.com
  • Drucken

Die Odyssee der Fluglinie Niki und das Bangen um 1000 Jobs gehen weiter. Nicht Deutschland, sondern Österreich ist fürs Insolvenzverfahren zuständig. Der rettende Verkauf der Airline ist somit ungültig.

Etwas länger als eine Woche hat der Verkaufsbeschluss für die heimische Air-Berlin-Tochter Niki an die spanisch-britisch IAG-Holding gehalten. Quasi in letzter Sekunde war der Notverkauf kurz vor dem Jahreswechsel gelungen, nachdem die Lufthansa aufgrund des Widerstands der Wettbewerbshüter in Brüssel nach langer Prüfung den Kauf fallen ließ. Doch nun heißt es für das gesamte Verkaufsverfahren vielleicht zurück an den Start. Denn am Montagnachmittag gab das Landgericht Berlin einer Beschwerde österreichischer Gläubiger statt. Zuständig für das Insolvenzverfahren ist Österreich und nicht Deutschland, so die Berliner Richter. Allerdings ist die Entscheidung noch nicht rechtskräftig. Ob Niki in den nächsten vier Wochen noch ein Rechtsmittel ergreift, steht noch nicht fest.

Was passiert nun, wenn die Entscheidung hält? „Alles, was bisher in Deutschland passiert ist, ist dann nichtig“, sagt Gerhard Weinhofer, Chef des heimischen Gläubigerschutzverbands Creditreform. Denn wenn Berlin nicht für das Insolvenzverfahren zuständig ist, könne in Berlin auch nicht über einen Verkauf von Niki entschieden werden. „Ein österreichisches Insolvenzgericht muss dann entscheiden, an wen verkauft wird“, so Weinhofer weiter. Zudem wird es künftig auch einen österreichischen Masseverwalter und Gläubigerausschuss geben.

Beschwerde aus Wien brachte Wendung

Grund für diese überraschende Wendung ist eine Beschwerde der heimischen auf Fluggastrechte spezialisierten Firma Fairplane. Das Unternehmen vertritt geschädigte Passagiere und hat in Summe Forderungen von 1,2 Millionen Euro gegenüber Niki. Wie berichtet stellte Fairplane in der Vorwoche einen Insolvenzantrag beim Landesgericht Korneuburg und brachte gleichzeitig eine Beschwerde beim bisher zuständigen Gericht in Berlin ein. Letztere wurde zwar in erster Instanz abgewiesen, das Berufungsgericht in Berlin entschied am Montag jedoch im Sinn von Fairplane.

„Wir sind nicht gegen den Verkauf von Niki an IAG“, erklärte Fairplane-Geschäftsführer Andreas Sernetz in der Vorwoche der „Presse“ seine Beweggründe. Allerdings gewährleiste ein Verfahren in Berlin nicht die notwendige Trennung der Interessen von Niki von jenen der Muttergesellschaft Air Berlin. Zudem würde ein Insolvenzverfahren in Österreich die Durchsetzung der Ansprüche von heimischen Passagieren erleichtern. Und da sowohl der Firmensitz von Niki in Österreich ist als auch die wertvollen Landerechte (Slots) vom heimischen Infrastrukturministerium vergeben wurden, sei es auch rechtlich zu begründen, dass das Verfahren in Österreich erfolgen soll. Eine Argumentation, der man in Deutschland nun gefolgt ist.

Bedeutet das nun, dass der Verkauf von Niki an die IAG gescheitert ist? Nicht unbedingt. So könne der österreichische Insolvenzverwalter die Arbeit seiner deutschen Kollegen wohl übernehmen, sagt Weinhofer. Allerdings müsse alles neuerlich geprüft werden – vor allem auch die Ansprüche heimischer Gläubiger. Und für diese werde es nun wesentlich einfacher und auch kostengünstiger, sich vor Gericht Gehör zu verschaffen, so der Gläubigerschützer. Das treffe etwa auf rund 7000 österreichische Kunden von Niki zu, die Tickets gekauft und bezahlt haben.

Allerdings läuft nun wieder die Uhr für die Rettung von Niki und die 1000 damit verbundenen Arbeitsplätze. Nach dem bisherigen Plan hätten 740 davon von der IAG übernommen werden sollen. Das spanisch-britische Unternehmen hat sich auch verpflichtet, die Jänner-Gehälter zu übernehmen. Das dürfte nun hinfällig sein. Will man verhindern, dass die Niki-Mitarbeiter ohne Gehälter dastehen, wäre ein Hilfskredit der öffentlichen Hand als Überbrückung oder ein Einspringen des Insolvenzfonds notwendig.

Die Landerechte wurden vom Infrastrukturministerium bereits am 3. Jänner vorsorglich für drei Monate verlängert. So lang bleibt der wichtigste Wert in der Masse der Fluggesellschaft auf jeden Fall erhalten. Theoretisch wäre auch eine weitere Verlängerung möglich. „Wir hoffen jedenfalls, dass die Arbeitsplätze bei Niki erhalten werden können“, heißt es dazu aus dem Büro von Infrastrukturminister Norbert Hofer am Montag. Und die IAG beeilte sich gestern am Abend noch zu betonen, am Kauf festhalten zu wollen.

Ungewissheit seit August

Auslöser des Sturzflugs von Niki war die Pleite der Mutter Air Berlin Mitte August. Einen Tag nach der deutschen Bundestagswahl, am 25. September, wurde der Verkaufsprozess von Air Berlin an die britische Easyjet und vor allem an die deutsche Lufthansa gestartet. Niki sollte dabei im Paket mit anderen Air-Berlin-Teilen für 210 Mio. Euro an die Lufthansa gehen. Die entsprechende Vereinbarung wurde am 12. Oktober unterschrieben. Die Billigfluggesellschaft hätte demnach in die Lufthansa-Billigschiene Eurowings integriert werden sollen.

Dem machte die EU-Kommission einen Strich durch die Rechnung. Sie hat nach Angaben der Lufthansa signalisiert, dass sie eine Integration von Niki nicht genehmigen würde. Die Deutschen zogen daher am 13. Dezember ihr Übernahmeangebot für Niki zurück und stellten auch die Zwischenfinanzierung ein. Innerhalb von knapp zwei Wochen wurde dann mit der IAG der Verkauf zum Preis von 36,5 Millionen Euro vereinbart. Nun könnte das ganze von vorne beginnen.

Auf einen Blick

Ein Berliner Berufungsgericht gab am Montag einer Beschwerde eines heimischen Gläubigers statt, wonach das Insolvenzverfahren für die Billigfluglinie Niki nach Österreich zu verlegen sei. Dadurch ist der vom deutschen Masseverwalter und von der spanisch-britischen IAG ausgehandelte Verkauf von Niki ebenfalls nichtig. Nun beginnt das Zittern bei den Mitarbeitern erneut. Eine Berufung ist noch möglich – dann müsste das deutsche Höchstgericht in Karlsruhe entscheiden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

THEMENBILD: VUELING
Unternehmen

Niki: Vueling-Konzernmutter IAG will an Kauf festhalten

Die IAG-Tochter Vueling will trotz des Tauziehens um die insolvente Fluglinie Niki an dem Kauf festhalten. Das Landesgericht Korneuburg entscheidet Ende der Woche über den Insolvenzantrag gegen Niki.
FILES-GERMANY-AVIATION-TRANSPORT
Unternehmen

Gericht: Niki muss Insolvenz in Österreich anmelden, Kauf wackelt

Ein Berliner Gericht hat entschieden, dass nicht Deutschland, sondern Österreich für die insolvente Air-Berlin-Tochter zuständig ist. Das könnte weitreichende Folgen haben.
BRITAIN-AUSTRIA-GERMANY-AVIATION-IAG-NIKI-BANKRUPTCY
Unternehmen

Niki: Gericht weist Beschwerde von Wiener Flugrechte-Portal ab

Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg geht weiter davon aus, für das Niki-Insolvenzverfahren international zuständig zu sein. Die Beschwerde wurde an das Landgericht Berlin weitergeleitet.
AUSTRIA-GERMANY-EU-AVIATION-BANKRUPTCY-LUFTHANSA-NIKI
Unternehmen

Niki-Verkauf droht zu platzen

Ein Konkursantrag und eine Beschwerde von Fairplane ändern die Situation für die Airline komplett. Das Landesgericht Korneuburg ist nun am Zug.
Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ)
Unternehmen

Niki-Verkauf: Hofer verlängert Betriebsgenehmigung

Der Verkehrsminister verlängert die Frist um drei Monate. Es geht um Zeit für die Übernahme, damit die Slots bestehen bleiben. Indes formiert sich Widerstand gegen den Verkauf an IAG.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.