Der neue Premier, Mateusz Morawiecki, bildet sein Kabinett um. Die in Brüssel unbeliebten Außen- und Umweltminister müssen gehen. Im Schlüsselressort Justiz haben aber nach wie vor Hardliner das Sagen.
Warschau/Brüssel. Von einer „technischen Umbesetzung“ hatte der seit einem Monat amtierende polnische Premierminister, Mateusz Morawiecki, vor der gestrigen Regierungsumbildung gesprochen – doch als Dienstagmittag die Namensliste veröffentlicht wurde, war klar, dass das Revirement nicht kosmetisch, sondern grundlegend ausgefallen ist. Gleich drei Exponenten eines illiberalen Kurses in der nationalpopulistischen polnischen Regierungspartei PiS mussten gestern ihren Hut nehmen: Außenminister Witold Waszczykowski, Verteidigungsminister Antoni Macierewicz sowie Umweltminister Jan Szyszko.
Dass die Umbildung ausgerechnet gestern stattfand, war kein Zufall. Wenige Stunden nach der Zeremonie in der Präsidentschaftskanzlei in Warschau brach Morawiecki nach Brüssel auf, um bei einem Treffen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Vizepräsident Frans Timmermans über die Beziehungen zwischen Polen und der EU zu sprechen. Im Mittelpunkt des Arbeitsdinners steht das Artikel-7-Verfahren gegen Warschau, das die Brüsseler Behörde im Dezember eingeleitet hatte. Die Kommission wirft den polnischen Nationalpopulisten die Verletzung der europäischen Grundwerte und die Aushebelung der unabhängigen Gerichtsbarkeit vor.
Bauernopfer
Aus dieser Perspektive betrachtet, erscheint die Abberufung der drei Ressortchefs als Bauernopfer im Match Warschau gegen Brüssel. Vor allem Außen- und Umweltminister hatten sich in Europa unbeliebt gemacht. Szyszko forcierte die von der EU-Kommission und dem EuGH beanstandeten Rodungen im Naturschutzgebiet Białowieża, während Waszczykowski durch seine reflexartige Deutschlandfeindlichkeit im Speziellen und eine fragwürdige Weltsicht im Allgemeinen auffiel: So warnte er in einem Interview mit der „Bild“-Zeitung vor einer „Welt aus Radfahrern und Vegetariern, die nur noch auf erneuerbare Energien setzen und gegen jede Form der Religion kämpfen“. Ein derartiger „Mix von Kulturen und Rassen“ hätte nichts mit traditionellen polnischen Wertvorstellungen zu tun, ließ er die Deutschen wissen. Verteidigungsminister Macierewicz wiederum war ein Verfechter der Verschwörungstheorie, wonach Russland gemeinsam mit dem polnischen EU-Ratspräsidenten, Donald Tusk, den Absturz eines Regierungsfliegers im Jahr 2010 verursacht habe.
In der Streitsache selbst bleibt Morawiecki indes hart: Im Justizressort, das im Mittelpunkt der EU-Ermittlungen steht, hat nach wie vor Zbigniew Ziobro das Sagen – ein Hardliner und Intimus von PiS-Parteichef Jarosław Kaczyński. Mariusz Błaszczak, der neue Mann im Verteidigungsressort, genießt ebenfalls das Vertrauen von Kaczyński, war bis dato als Innenminister tätig und gilt als entschiedener Gegner der von der EU forcierten Umverteilung von Flüchtlingen aus Griechenland und Italien auf die restlichen Unionsmitglieder.
Neo-Außenminister Jacek Czaputowicz wiederum hat zwar ein entspannteres Verhältnis zu Deutschland als sein Vorgänger, doch im vergangenen Jahr kritisierte er die Wiederwahl von Tusk zum Ratspräsidenten als illegal – und er ist seit gut drei Jahrzehnten mit Ungarns Premier, Viktor Orbán, befreundet. (la)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2018)