Regierung: Vermögenszugriff bei "durchschummelnden" Arbeitslosen

Kurz; Strache
Kurz; StracheAPA/ROLAND SCHLAGER
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Sozialministerin Hartinger-Klein hat einen Vermögenszugriff ausgeschlossen, die Regierungsspitze korrigiert: Bei jenen, die kurz ins System eingezahlt haben und sich "durchschummeln" wollen, werde es diesen geben. Aus den Ländern kommt jedoch Widerstand.

Bei Arbeitslosen wird künftig auf ihr Vermögen zugegriffen werden können - allerdings nur bei jenen, die erst kurz ins System einzahlen und sich "durchschummeln" wollen. Mit dieser Festlegung hat die Regierungsspitze am Mittwoch versucht, die Diskussion über die Einführung eines "Hartz IV"-Modells in Österreich zu beenden. Das genaue Konzept soll bis Jahresende erarbeitet werden.

Grundsätzlich sieht das Regierungsprogramm vor, dass das Arbeitslosengeld in Zukunft degressiv gestaltet sein soll. Je länger man ohne Job ist, umso geringer soll die Leistung ausfallen. Die Notstandshilfe soll abgeschafft werden, womit ein Rückfall in die Mindestsicherung möglich ist. Streitpunkt war nun, ob wie bei der Mindestsicherung auf das Vermögen der Betroffenen zugegriffen werden kann.

Sozialministerin Beate Hartinger (FPÖ) hatte dies ausgeschlossen. Die Regierungsspitze sieht das anders, wie Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) am Mittwoch nach dem Ministerrat klarstellten.

Beide traten zunächst an, um die Verunsicherung, die in den vergangen Tagen entstanden sei, zu beenden. Verantwortlich machte Strache dafür übrigens die "sozialistischen Jammerer vom Dienst". Deren Behauptung, dass in Österreich ein "Hartz IV"-Modell kommen werde, sei schlicht falsch, betonte der FPÖ-Chef. Auch ÖVP-Obmann Kurz betonte: "Es wird keine Einführung von Hartz IV geben und dabei bleibt es auch."

Jedoch machte der Kanzler gleichzeitig klar, dass wer nur kurz eingezahlt habt und sich beim AMS mit Ausreden "durchzuschummeln" versuche, auch damit rechnen müsse, dass auf sein Vermögen zugegriffen wird, wenn eines vorhanden sei. Es sei nämlich nicht die Verantwortung der Allgemeinheit, diese Personen zu finanzieren. Strache formulierte fast wortgleich, dass man "Durchschummler" nicht "durchtragen" werde.

Wer kurz vor der Pension steht, soll sich keine Sorgen machen

Jene, die in späteren Jahren arbeitslos werden, hätten hingegen nichts zu befürchten. Sie würden sogar ein höheres Arbeitslosengeld beziehen und das länger, versicherte der FPÖ-Chef. Kurz betonte, jene, die vor der Pension stünden, müssten sich keine Sorgen machen.

Wie das Modell genau aussehen wird, steht freilich noch länger nicht fest. Laut Kurz werden die Regierungskoordinatoren gemeinsam mit Sozialministerin, Wirtschaftsministerin und Finanzminister bis Jahresende ein Konzept ausarbeiten. Diesen Prozess werde man nicht öffentlich zelebrieren, führe das doch nur zur Verunsicherung.

Widerstand aus den Ländern

FPÖ-intern stoßt der Vermögenszugriff auf Widerstand. Er halte das "nicht für zielführend", erklärte der Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger. Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass die Regierung eine "gute Lösung" finden werde. Statt jemanden etwas wegzunehmen, müsse danach getrachtet werden, die Menschen schnell wieder in den Arbeitsprozess zu bekommen.

Man lehne den Vermögenszugriff strikt ab, erklärte auch der Kärntner Landesparteiobmann Gernot Darmann am Mittwoch: "Bei einer FPÖ-Beteiligung in der Kärntner Landesregierung wird es das (den Vermögenszugriff, Anm.) nicht geben." Christian Leyroutz, FPÖ-Klubobmann im Landtag, ergänzte, man könne sich einen Vermögenszugriff nur in "Extremfällen", in denen die Mindestsicherung missbraucht werde, vorstellen.

Bereits am Dienstag hatten die Länder angeführt - vom Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz, Markus Wallner (ÖVP) - Unmut für den Fall angekündigt, dass Kosten vom Arbeitslosengeld in die von den Ländern (mit)finanzierte Mindestsicherung wandern würden. Sowohl Strache als auch Kurz bezeichneten es als selbstverständlich, dass man mit den Ländern das Gespräch suchen werde, sollte es hier zu Verschiebungen kommen.

(APA)

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