Die Liebe zum Diesel ist verglüht

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2017 wurden 353.320 Autos neu zugelassen, der zweithöchste Wert der Geschichte. Bei den Neuzulassungen dominieren weiterhin SUV, beim Treibstoff legt Benzin massiv zu.

Wien. Jahrelang gab es beim Autokauf in Österreich – egal, bei welcher Marke – nur ein Kriterium: Gibt es ihn als Diesel? Manche Hersteller produzierten eigens Dieselfahrzeuge für den europäischen Markt, weil die Nachfrage so groß war.

Der Dieselabgasskandal, die Debatte um die Stickoxide und die Diskussion um Fahrverbote in Städten für ältere Dieselautos zeitigen nun Folgen: Im vergangenen Jahr brach die Dieselnachfrage in Österreich stark ein. Die Verkäufe bei Neufahrzeugen gingen um 7,1Prozent zurück, gleichzeitig stieg die Nachfrage nach Benzin-Pkw um 24,1 Prozent. In absoluten Zahlen war der Abstand zwischen neuverkauften Diesel- und Benzinautos noch nie so gering: 175.458 Pkw hatten einen Diesel- (49,7 Prozent), 163.701 einen Benzinmotor (46,3 Prozent).

Diese Zahlen dürften das Ende der Liebe zum Diesel bedeuten. Schon heuer könnten in Österreich mehr Benzin- als Dieselfahrzeuge verkauft werden. Eine Wende, die die Hersteller noch beschleunigen: Auf der aktuellen Wiener Automesse (noch bis Sonntag), in deren Rahmen die Verkaufsstatistik gestern präsentiert wurde, zeigen viele Hersteller Kleinwagen, die es gar nicht mehr mit einem Dieselmotor gibt.

Mehr PS gefragt

Dafür ist die generelle Liebe der Österreicher zu Neuwagen so groß wie zuletzt 2011: Nur damals wurden noch mehr Pkw verkauft als im vergangenen Jahr. 353.320 Neuzulassungen sind der zweithöchste Wert der Geschichte.

Bei den Segmenten dominieren nach wie vor die Kompaktklasse (26,2 Prozent) und die SUV (25,4 Prozent). Die erfolgreichsten Autoverkäufer gab es 2017 bei VW (16,6 Prozent aller neu verkauften Pkw), Škoda (Anteil von 7,1Prozent, ein Plus von 19 Prozent) und Opel (sechs Prozent, ein Minus von 5,9 Prozent). Die meistgekaufte Klasse hatte im Vorjahr 115 PS, den stärksten Zuwachs (plus 11,5 Prozent) gab es bei Fahrzeugen mit mehr als 170 PS.

Interessant war die Entwicklung bei den Elektroautos. Hier gab es – immer ausgehend von einem niedrigen Niveau – eine Steigerung um 42 Prozent auf 5433 verkaufte Pkw. Damit sind in Österreich erstmals mehr als 10.000 Elektroautos auf den Straßen unterwegs, exakt 14.618, wie die Statistik Austria weiß. Der Anteil an allen Pkw in Österreich (4,9 Millionen) macht freilich gerade einmal 0,3 Prozent aus.

Keine Autostatistik ohne Jammern – auch wenn es Rekordverkäufe und einen Verkehrsminister gibt, der das Tempolimit auf der Autobahn erhöhen will. Industrievertreter beklagten die politische Diskussion über die Dieselabgasproblematik und die daraus resultierende Verunsicherung der Kunden. Dabei betonte ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger bei der Eröffnung der Messe, dass die ÖVP-FPÖ-Koalition „keine Verbotspolitik“ betreiben werde. Der Markt solle entscheiden, welche Antriebsart sich durchsetze. Politische Vorschriften werde es nicht geben, und auch keine Dieselfahrverbote in Regionen, in denen die Bundespolitik entscheiden kann (die Städte können selbstständig Fahrverbote verhängen).

Lamborghini und Renault

Günther Kerle, Sprecher der Automobilimporteure, beklagte recht bildlich die Debatte um die Stickoxidbelastung durch Dieselfahrzeuge. In Wien würden die Grenzwerte nur an einem Ort überschritten werden, nämlich am Hietzinger Kai (46,7 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel statt 40Mikrogramm). Aber, so Kerle: „Wenn Sie von einem Raucherlokal kommen, ist der Hietzinger Kai nahezu ein Erholungsgebiet.“

Auch bei der Messe Wien ist die Luft gut: Etwa 400 Neuwagen von 40 verschiedenen Herstellern stehen in zwei Hallen. Weltweit erstmals vorgestellt wird der neue Citroën Cactus C4, als Europapremiere gibt es den Alfa Romeo Stelvio Quadrifoglio mit 510 PS, Jaguar feiert mit dem kompakten SUV E-Pace (der in Graz gebaut wird) Österreich-Premiere.

Einen Blick in die Zukunft werfen Honda und Toyota mit Brennstoffzellenfahrzeugen. Autoenthusiasten werden beim Lamborghini Aventador S Roadster ins Schwärmen geraten, beim Mercedes S 63 AMG mit 4,0-Liter-V8-Biturbomotor oder bei den neuen Hybridmodellen von Range Rover.

Leistbarer ist der sportliche Renault Megane R.S. oder das, was VW auf großer Fläche zeigt: darunter das Crossover-Modell T-Roc, der künftige Touareg oder das Konzept des Audi e-tron, ein Elektroauto mit 500 Kilometern Reichweite.

Mehr als 150.000 Besucher werden bei der Automesse erwartet, deshalb empfehlen die Organisatoren die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2018)

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