Österreich hat sich bereits 60 Milliarden Euro wegen Niedrigzinsen erspart

Markus Stix: Österreich hat sich noch nie so günstig finanziert
Markus Stix: Österreich hat sich noch nie so günstig finanziertAPA/HERBERT PFARRHOFER
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"Österreich hat sich noch nie so günstig finanziert", sagt der Chef der Bundesfinanzierungsagentur.

Trotz auf 211,2 Milliarden Euro gestiegener Finanzschulden hat sich Österreich seit 2009 durch das bestehende Niedrigzinsumfeld gemessen am durchschnittlichen Zinsniveau vor der Finanzkrise rund 60 Milliarden Euro an Zinszahlungen erspart. Der Zinsaufwand in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist von 1996 bis 2017 von 3,4 auf 1,46 Prozent gesunken. Das sind 5,41 Milliarden Euro bzw. 588 Euro pro Kopf.

"Österreich hat sich noch nie so günstig finanziert", sagte Markus Stix, Chef der für die Schuldenaufnahme zuständigen Oesterreichischen Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) am Donnerstag im Klub der Wirtschaftspublizisten in Wien. 2017 sei mit rund 40 Milliarden Euro auch das größte jährliche Finanzierungsvolumen in der Zweiten Republik umgesetzt worden. Davon entfielen allerdings acht Milliarden Euro auf die Refinanzierung der Bad-Bank der Kommunalkredit, der KA Finanz AG.

Erstmals ist laut Stix auch die durchschnittliche Verzinsung des gesamten Schuldenportfolios unter die Marke von 2,5 Prozent gefallen, nämlich auf 2,47 Prozent. Im Vorjahr waren es 2,68 Prozent. Die durchschnittliche Restlaufzeit stieg auf rund 10 Jahre.

Verantwortlich dafür war nicht zuletzt die erste jemals begebene hundertjährige Bundesanleihe mit einem Kupon von 2,1 Prozent - die derzeit längste und mit 3,5 Milliarden Euro größte 100-jährige Staatsanleihe der Welt. "Wir waren von der extremen Nachfrage sehr überrascht", so Stix. Geplant seien 1,0 bis 1,5 Milliarden Euro gewesen. Eine Stunde hatte man Zeit, die Unterschrift des damaligen Finanzministers Hans Jörg Schelling (ÖVP) für das höhere Volumen zu bekommen. Die Anleihe sei auch als "Best Sovereign of the Year" ausgezeichnet worden. Zum vierten Mal konnte im Vorjahr auch eine Anleihe mit negativer Rendite emittiert werden. 50 Prozent aller ausstehenden Bundesanleihen waren 2017 negativ verzinst.

Zinskurve wird steiler

Stix geht davon aus, dass in diesem Jahr die Zinsen wieder steigen werden. Die Rendite im zehnjährigen Laufzeitenbereich dürfte sich bis Jahresende von 0,6 auf 1,3 Prozent verdoppeln. "Die Zinskurve wird steiler, der kurzfristige Bereich negativ bleiben ", so Stix. In diesem Zinsumfeld werde es schwieriger, die 100-jährige Anleihe aufzustocken. Eine Aufstockung sei aber generell immer möglich. Investoren hätten als Alternative nur Hochzinsanleihen mit schlechten Bonitäten. Auch aus dem Eigenbesitz könnte noch was verkauft werden.

Auch die bestehende 50-jährige Anleihe würde nur aufgestockt werden. Beim derzeitigen Kurs von 168 würde hier aber ein neuer Bond mehr Sinn machen. Im Fokus stünden aber die zehnjährigen Anleihen. Hier gebe es international die größte Schnittmenge. Zu berücksichtigen sei aber auch, dass es in diesem Jahr um 25 Prozent weniger Finanzierungsbedarf gebe.

Für spezielle Öko-Anleihen, sogenannte "Green Bonds", wie sie etwa Frankreich emittiert hat, gibt es laut Stix keine Pläne. "Jede Bundesanleihe ist schon nachhaltig", so der OeBFA-Chef.

Stix plant für heuer ein Finanzierungsvolumen von 27 bis 30 Milliarden Euro, wovon 20 bis 23 Milliarden Euro über Bundesanleihen aufgenommen werden sollen. Auch ein bis zwei syndizierte Neuemissionen sind geplant.

Nach dem Wegfall der Sonderfinanzierungen für Heta im Jahr 2016 und KA Finanz AG im Vorjahr könne sich Österreich wieder besser am Markt finanzieren. "Das angeknackste Vertrauen in Österreich ist wiederhergestellt", sagte Stix. Er könne sich aufgrund der positiven Wirtschafts- und Schuldentwicklung auch vorstellen, dass Ratings der Republik wieder auf die Bestnote angehoben werden.

Geprägt werden dürfte das laufende Jahr neben dem nach oben weisenden Zinstrend durch einen politisch sensiblen Anleihenmarkt und die Halbierung des bis Ende September laufenden monatlichen Ankaufvolumens der Europäischen Zentralbank (EZB) von 60 auf 30 Milliarden Euro, so Stix.

(APA)

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