Obwohl wir in Österreich mehr als 400.000 Arbeitslose haben, gibt es Unternehmer, die sofort Leute einstellen würden, wenn sie welche fänden.
In Tirol fehlt es an Köchen, in der Industrie an IT-Experten – und in der Politik herrscht seit Kurzem offensichtlich ein gravierender Mangel an glaubwürdigen Oppositionspolitikern. Zumindest die SPÖ tut sich in diesem neuen Berufsfeld noch schwer. Jetzt warnt sie sogar vor zu hoher Zuwanderung, die österreichische Arbeitsplätze gefährdet. 150.000 Ausländer könnten nämlich ins Land einfallen, weil sie Jobs erledigen, die in Österreich keiner machen will oder kann. Bleibt nur die Frage, woran es in der SPÖ mangelt, wenn sie glaubt, mit freiheitlicher Antiausländerpolitik punkten zu müssen?
Apropos Mangelberufe in der Politik. Bei der Liste Pilz ist das Problem ja noch viel dramatischer gewesen. Dort mangelte es der neuen Oppositionspartei bis vor Kurzem sogar an ihrem Namensgeber. Der hat sich in der Vergangenheit bekanntlich mehrfach vergriffen – nicht nur in der Wortwahl. Nun scheint man sich zu denken: Wer Mangelberufe besetzen will, darf nicht allzu wählerisch sein. Bleibt die Frage, wer für den „mächtigen, alten Mann“ den Nationalratssitz räumen muss? Eine Frau oder ein weniger mächtiger alter Mann?
In diesem Lichte bekommt der Begriff „Mangelberuf“ plötzlich eine ganz andere Bedeutung.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2018)