Das Burgenland habe sich bislang erfolgreich gegen Großquartiere zur Wehr gesetzt und werde das auch weiterhin tun, richtet der Landeshauptmann Türkis-Blau aus.
Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) will keine staatlich geführten Grundversorgungszentren für Asylwerber in seinem Bundesland. "Wir gehen im Burgenland - und das mit unserem Koalitionspartner FPÖ - einen vollkommen anderen Weg. Da hat der Bund mit härtesten Protesten zu rechnen", sagte Niessl am Montag zu den von FPÖ-Innenminister Herbert Kickl geplanten Großquartieren.
Im Burgenland gelte seit 2015 bei der Unterbringung von Flüchtlingen eine Obergrenze von ein Prozent der Bevölkerung, so Niessl. "Wir setzen darauf, dass Asylwerber in kleinen Einheiten untergebracht werden. Die können dann auch leichter integriert werden." Gegen Großquartiere habe man sich schon in der Vergangenheit - gemeinsam mit der Bevölkerung - erfolgreich zur Wehr gesetzt. Damit müsse der Bund auch diesmal bei der Umsetzung solcher Pläne rechnen. Auch für die Landes-FPÖ im Burgenland seien Großquartiere "kein Thema", sagte Landeshauptmannstellvertreter Johann Tschürtz am Montag auf APA-Anfrage. Auch er verwies auf den rot-blauen Koalitionspakt: "Was dort steht, gilt. Viel mehr ist dazu auch nicht zu sagen."
Niessl vermisst blauen Realitätssinn
Hart ins Gericht geht der burgenländische SPÖ-Chef mit der Bundes-FPÖ und deren Zusammenarbeit mit der nunmehr türkisen Bundes-ÖVP. Dass sich die Freiheitlichen zuletzt etwa bei ihrem Neujahrstreffen mit Slogans wie "Bruno Kreisky würde HC Strache und die FPÖ wählen", quasi als bessere SPÖ darzustellen versuchte, vermerkte Niessl mit Verwunderung. "Die Darstellung ist das eine, die Realität ist das andere."
Wenn als eine der ersten Handlungen der Bundesregierung die finanziellen Mittel für über 50-jährige Langzeitarbeitslose gestrichen werden, bei Notstandshilfe und Mindestsicherung der Zugriff auf das Vermögen von Arbeitslosen angedacht wird und der Arbeitsmarkt für Ausländer geöffnet und damit Lohn- und Sozialdumping gefördert werden sollen, während 400.000 Österreicher ohne Arbeit dastehen, sei dies das völlige Gegenteil der Politik des legendären SPÖ-Bundeskanzlers Kreisky, erklärte Niessl. Konkret: "Kreisky würde niemals solchen Aktionen gegen Arbeitnehmer zustimmen, Kreisky hätte auch keinem 12-Stunden-Tag ohne Verhandlungen mit den Sozialpartnern zugestimmt, Kreisky würde niemals einfallen, über eine Schwächung der Arbeiterkammer zu diskutieren, und Kreisky hätte niemals eine Koalition mit einer Partei gemacht, die gleich am Beginn massive Verschlechterungen für Arbeitnehmer beschließt. Hier hat sich nicht die FPÖ durchgesetzt, sondern der neoliberale Ansatz der ÖVP."
Den Bundes-Roten empfiehlt Niessl einen kritischen Oppositionskurs: "Die SPÖ muss sich für Minderheiten einbringen. Aber: Wer Wahlen gewinnen will, muss auch die Meinung der Mehrheit vertreten. Das muss die SPÖ in der Opposition auch tun."
ÖVP Burgenland wirft Niessl "politische Unehrlichkeit" vor
Mit scharfer Kritik quittierte die burgenländische Volkspartei am Montag auf die Aussagen des Landeshauptmannes. "Niessls politische Unehrlichkeit ist unerträglich", sagte ÖVP-Landesparteiobmann Thomas Steiner. Die Behauptung, es gebe seit 2015 eine Obergrenze für Flüchtlinge in burgenländischen Gemeinden, sei "schlichtweg unwahr".
In Eisenstadt werde die behauptete Obergrenze um 100 Prozent überschritten. Dies liege daran, dass die Landesregierung einen ständigen Zuzug von Flüchtlingen aus anderen Gemeinden in die Landeshauptstadt zulasse, meinte Steiner, der Bürgermeister von Eisenstadt ist. Auch Niessls Aussage, dass Rot-Blau nie Politik gegen die Arbeitnehmer machen würde, sei "kurios". Denn die burgenländische Landesregierung speise Verwaltungspraktikanten mit einem Hungerlohn ab und umgehe damit ein objektives Aufnahmeverfahren für öffentliche Bedienstete. "Kreisky würde sich im Grab umdrehen", so Steiner.
(APA)