Wiener Rechnungshof: Private Asylquartiere klar günstiger als große

Symbolbild
Symbolbild (c) Clemens Fabry (Presse)
  • Drucken

Von 2012 bis 2015 waren die Betroffenen zu einem wesentlich größeren Teil in nicht-öffentlichen Quartieren untergebracht. Das brachte "finanzielle Vorteile für Wien". Eingefordert wird mehr Kontrolle.

Wenn Asylwerber in der Grundversorgung in privaten Quartieren untergebracht werden, dann ist dies für die öffentliche Hand deutlich günstiger als eine Beherbergung in organisierten Einrichtungen - wie es im Arbeitsprogramm der Bundesregierung vorgesehen ist. Das hat nun der Stadtrechnungshof Wien in einem aktuellen Prüfbericht festgehalten. Der Unterschied fällt demnach durchaus beträchtlich aus.

Die Prüfer haben die Organisation der Grundversorgung - für die in erster Linie der Fonds Soziales Wien zuständig ist - als auch die Finanzierung und Abrechnung zwischen den Gebietskörperschaften und den leistungserbringenden Organisationen unter die Lupe genommen. Umfasst war der Zeitraum von 2012 bis 2015. In dieser Periode waren die Betroffenen zu einem "wesentlich größeren Teil" in nicht-öffentlichen als in organisierten Quartieren untergebracht. Entsprechende Vereinbarungen gab es mit kirchlichen, humanitären oder privaten Einrichtungen. Dies brachte "erhebliche finanzielle Vorteile für das Land Wien mit sich", heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Bericht.

Der Stadtrechnungshof stellte den jährlichen Aufwand der durchschnittlichen Zahl an Grundversorgungsberechtigten gegenüber: "Daraus ergab sich im Betrachtungszeitraum ein durchschnittlicher jährlicher finanzieller Aufwand je grundversorgter Person in der Höhe zwischen rund 6100 Euro und 6600 Euro." Eine Unterscheidung dieses finanziellen Aufwandes hinsichtlich privater und organisierter Unterbringung habe einen deutlichen Unterschied gezeigt - wobei davon ausgegangen wurde, dass Personen mit besonderen Betreuungsbedarf eher in staatlicher Betreuung aufhältig waren.

Das Fazit: "Entsprechend diesen Prämissen lagen die jährlichen finanziellen Aufwendungen des Fonds Soziales Wien je privat wohnender Person zwischen rund 4700 Euro und etwa 5600 Euro, während für organisiert untergebrachte Grundversorgte 8400 und 9600 Euro aufgewendet wurden." Gleichzeitig wird bekrittelt, dass der Deckungsgrad der Versorgung für die Stadt zuletzt auf knapp über 50 Prozent gesunken ist, da die Verrechnung mit dem Innenministerium nur unzureichend funktioniert, wie festgestellt wurde.

Bund/Länder-Kostenteilungsfaktor "deutlich unterschritten"

Der in der Grundversorgungsvereinbarung grundsätzlich festgelegte Kostenteilungsfaktor zwischen dem Bund und den Ländern von 6 : 4 sei zuletzt "deutlich unterschritten" worden, heißt es. Was bei den Prüfern durchaus für Staunen sorgte. Denn der Bund wäre bei Verfahrensdauern, die länger als ein Jahr in Anspruch nehmen, sogar zu einer hundertprozentigen Zahlungsübernahme verpflichtet. Und die Dauer der Verfahren sei oft tatsächlich sehr lang, wird bemängelt. So gesehen hätte sich die Finanzierung eigentlich in Richtung Bund verschieben müssen, wie festgehalten wird.

Die Zahlungen des Ministeriums seien "nicht analog" mit den stark angestiegenen Flüchtlingszahlen gestiegen. Auch unterschiedliche Rechtsansichten zwischen Bund und Stadt bzw. Land Wien hätten zu Mehrkosten für die Stadt geführt: "Unter Abzug der Erlöse stieg der Aufwand des Landes Wien für die Versorgung der Grundversorgungsberechtigten im Betrachtungszeitraum von 10,29 Millionen auf 31,71 Millionen Euro, also um 208,2 Prozent."

Mindeststandards teils nicht erfüllt

Überprüft wurde auch die Kontrolle. Bei behördlichen Überprüfungen wurden so manche private Quartiere beanstandet, weil sie etwa hinsichtlich der Größe oder der sanitären Anlagen "in keiner Weise jenen Mindeststandards entsprachen, wie sie zum Beispiel für organisierte Unterkünfte vorgesehen waren". In einigen Fällen sollen von Bewohnern auch weit überhöhte Mieten eingefordert worden sein.

Auch Meldungen über nicht mehr auffindbare Personen wurde nachgegangen - bestätigte sich der Verdacht, wurden sie aus der Grundversorgung entlassen. Der Stadtrechnungshof empfahl, die Kontrollen generell auszuweiten.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

FPÖ-Innenminister Herbert Kickl wird auch Armenien und Benin auf die Liste setzen. Asylanträge von Bürgern dieser Staaten werden im Schnellverfahren behandelt.
Innenpolitik

Asyl: Auch Armenien und Benin gelten künftig als sicher

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) will auch weitere Staaten auf Sicherheit prüfen. Bei der Polizei könnten bald Pferde eingesetzt werden.
Herbert Kickl.
Innenpolitik

Asyl auf (etwas mehr) Zeit

Laut Gesetz soll der Asylgrund eigentlich nach drei Jahren überprüft werden – in der Praxis dauert es allerdings länger. Die Gründe dafür wurden nie offensiv kommuniziert.
 Innenminister Herbert Kickl (FPÖ)
Innenpolitik

Kickl: "Wer zu einem negativen Asylbescheid kommt, ist kein Unmensch"

Der Innenminister ermahnt Rechtsberater, Asylwerbern nicht zu viele Hoffnungen zu machen. 36 Prozent der beeinspruchten Asylbescheide wurden 2017 abgeändert. Die Grünen orten Fehler im System.
Austria´s Interior Minister Kickl talks to the media as he arrives for a cabinet meeting in Vienna
Innenpolitik

Asyl: Ukraine wird "sicheres Herkunftsland"

Innenminister Herbert Kickl kündigte eine neue österreichische Verordnung für sichere Herkunftsländer an. Unter anderem werde die Ukraine als sicher eingestuft. Asylbescheide sollen nicht mehr nach drei, sondern nach ein oder zwei Jahren überprüft werden.
ASYL/FL�CHTLINGE: ERSTAUFNAHMEZENTRUM TRAISKIRCHEN
Innenpolitik

Asyl: Wer Grundversorgung bezieht

Erstmals seit 2015 gibt es weniger als 60.000 Menschen, die Grundversorgung erhalten. Die meisten leben in Wien. Ein Überblick darüber, wie viel sie bekommen und was sich ändern könnte.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.