Strache: "Heutiges Bosnien und Herzegowina kann nicht funktionieren"

Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ)
Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ)APA/GEORG HOCHMUTH
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In einem Interview mit dem TV-Sender des bosnischen Landesteils Republika Srpska sprach sich der Vizekanzler gegen den Staat Bosnien-Herzegowina aus.

Gerade erst sorgte der Besuch von Johann Gudenus in Banja Luka für Schlagzeilen und (innenpolitische) Diskussionen. Denn der freiheitliche Klubobmann ließ sich am verfassungswidrigen Nationalfeiertag der Republika Srpska vom umstrittenen Separatistenführer Milorad Dodik einen Orden verleihen – sowie einen zweiten für FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Nun wurde dem „Standard“ und dem Ö1-„Morgenjournal“ ein Beitrag zugespielt, der ähnlich Pikantes beinhaltet.

Wie die beiden Medien am Donnerstag berichten, handelt es sich um einen Fernsehbeitrag, den, so heißt es im „Standard“, „die Neos ausgegraben“ hätten. Er zeigt Strache am 29. September 2017 bei einem Interview mit dem TV-Sender des bosnischen Landesteils Republika Srpska, RTRS. Darin sprach sich der freiheitliche Bundesparteiobmann gegen den Staat Bosnien-Herzegowina aus.

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Konkret sagte Strache demnach: „Das heutige Bosnien und Herzegowina kann nicht funktionieren. Die Internationale Gemeinschaft schützt einen künstlich kreierten Staat mit Gewalt, was nicht dem Wunsch der Menschen in diesem Staat entspricht.“ Die einzige Struktur, die in Bosnien und Herzegowina funktioniere, sei die Republika Srpska, „und deswegen sehe ich keine positive Zukunft für Bosnien und Herzegowina. Aus diesem Grund sollten wir über die Möglichkeit nachdenken, der Republika Srpska das Recht der Abspaltung zu geben.“

Allerdings: Eine Abspaltung würde gegen die Verfassung und den Friedensvertrag von Dayton verstoßen. Pikant außerdem: Die offizielle Linie Österreichs war bislang stets die Unterstützung der Integrität des Staates Bosnien-Herzegowina. Die Neos fürchten deswegen um den Status Österreichs als Vermittler am Balkan.

Strache: Staatliche Integrität und Selbstbestimmungsrecht

Durch das ORF-Radio mit der Videoaufnahme konfrontiert, ließ Strache am Donnerstag ausrichten: Er stehe zur staatlichen Integrität Bosnien und Herzegowinas, genauso auch zum Selbstbestimmungsrecht der Völker für einen nachhaltig notwendigen Friedensprozess.

Der geschäftsführende SPÖ-Parlamentsklubchef Andreas Schieder kritisierte die bekannt gewordenen Äußerungen am Donnerstag umgehend: "Strache betreibt hier sehr gefährliche politische Brandstiftung." Es zeige sich "einmal mehr, wen sich Kanzler Kurz da in die Regierung geholt hat", meinte Schieder und ortete ein "brandgefährliches Treiben" Straches. Von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erwarte er sich eine Stellungnahme zu der Causa.

Die von der FPÖ nominierte Außenministerin Karin Kneissl wollte Straches Aussagen nicht kommentieren. Die Außenministerin kommentiere nicht, "was Strache in seiner damaligen Funktion als Klubobmann und FPÖ-Chef im September gesagt hat", hieß es am Donnerstag in einer Stellungnahme. Es sei "Sache der FPÖ und nicht des Außenministeriums, Aussagen ihres Bundesparteiobmannes, der damals noch in der Funktion des Klubobmannes tätig war, zu kommentieren", hieß es. Kneissl stehe aber mit Strache dazu im Dialog, teilte ihre Sprecherin Elisabeth Hechenleitner mit. Gegenüber dem Ö1 hielt das Außenministerium auch fest, das Außenamt halte jedenfalls unmissverständlich an staatlichen Integrität Bosnien-Herzegowinas fest.

Auf einen Blick

Am 9. Jänner 1992, drei Monate vor Beginn des Bosnien-Kriegs (1992 bis 1995), hatten serbische Nationalisten die "Republik des Serbischen Volkes" in Bosnien ausgerufen. Durch das Dayton-Friedensabkommen wurde Bosnien-Herzegowina Ende 1995 als ein komplizierter Staat auf die Beine gestellt, der aus zwei Landesteilen - der Bosniakisch-Kroatischen Föderation und der Republika Srpska - besteht. Der bosnisch-serbische Präsident Milorad Dodik ist seit Jahren für seinen Separatismus bekannt.

>>> Bericht im Ö1-"Morgenjournal"

>>> Bericht im "Standard"

(Red.)

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