Kreisky, Schwarz-Blau und der VfGH: Die (fast) unendliche Geschichte der Studiengebühren

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Unter Kreisky wurden sie abgeschafft, Schwarz-Blau führte sie wieder ein, wenige Jahre später fielen sie de facto wieder: eine Chronologie der Uni-Studiengebühren ab dem Jahr 2000.

19. September 2000: Nachdem die Studiengebühren unter Bundeskanzler Bruno Kreisky (SPÖ) 1973 abgeschafft wurden, beschließen ÖVP und FPÖ die Einführung von Studiengebühren in Höhe von 5000 Schilling (363,36 Euro) pro Semester. Zehntausende Studenten, Schüler und Hochschullehrer demonstrieren.

1. Oktober 2001: Die Gebühren werden im Wintersemester 2001/02 erstmals eingehoben. Die Studentenzahl sinkt um 19,7 Prozent, jene der Studienanfänger um rund 14 Prozent.

Sommer 2006: Zum Auftakt des Nationalrats-Wahlkampfes verspricht SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer die Abschaffung der Gebühren, falls er Bundeskanzler wird.

8. Jänner 2007: SPÖ und ÖVP einigen sich auf die Beibehaltung der Studiengebühren bei gleichzeitigem Ausbau des Stipendiensystems.

24. September 2008: Im Nationalrat werden mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und Grünen die Studiengebühren de facto abgeschafft. Gebührenbefreit sind Österreicher und EU-Bürger, die innerhalb der Mindeststudiendauer plus zwei Toleranzsemestern studieren. Wer länger braucht, muss 363,36 Euro pro Semester berappen, es gibt aber zahlreiche Ausnahmen. Den Unis wird der dadurch verursachte Einnahmen-Entfall aus dem Bundesbudget abgegolten.

7. Juli 2011: Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) erklärt die Studiengebühren-Regelung für verfassungswidrig, weil sie nicht hinreichend klar ist. Er gibt der Regierung bis 29. Februar 2012 Zeit, das Gesetz zu reparieren.

17. Oktober 2011: Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) veröffentlicht ein von ihm beauftragtes Rechtsgutachten von Verfassungsjurist Heinz Mayer, wonach Unis autonom Studiengebühren in beliebiger Höhe in ihren Satzungen festschreiben können. Die SPÖ legt kurz darauf Gegengutachten vor, wonach keinerlei Gebühren mehr eingehoben werden können.

1. März 2012: Die Regierung einigt sich nicht rechtzeitig auf eine Neuregelung. Jene Bestimmungen, die regeln, wann und in welcher Höhe Studiengebühren zu zahlen sind, fallen aus dem Gesetz.

1. Oktober 2012: An acht der 21 Unis haben sich die Senate dafür entschieden, in Eigenregie Studiengebühren einzuheben. Jene Studenten, die aus einem Nicht-EU-Land kommen und die Mindeststudienzeit um mehr als zwei Semestern überschreiten, müssen an den Unis Wien, Innsbruck, Linz, Graz, der Wirtschaftsuni, der Technischen Uni Graz, der Veterinärmedizinischen Uni und am Mozarteum 363,36 Euro pro Semester berappen. Studenten versuchen mit Bescheidbeschwerden, beim VfGH eine Aufhebung der Gebührenregelung zu erreichen.

17. Oktober 2012: Der VfGH gibt bekannt, ein Verordnungsprüfungsverfahren gegen die autonome Vorschreibung der Gebühren durch die Unis einzuleiten.

9. November 2012: Die Regierung beschließt mit achtmonatiger Verspätung eine Reparatur der vom VfGH im Juli 2011 aufgehobenen Gebührenregel. Seit dem Sommersemester 2013 müssen demnach nicht berufstätige Studenten aus Österreich und EU-Ländern, die die Mindeststudienzeit um zwei Semester überschreiten, 363,36 Euro pro Semester zahlen, Studenten aus Nicht-EU-Staaten 726, 72 Euro. Wieder sind zahlreiche Ausnahmen vorgesehen. Außerdem sollen die uni-autonomen Gebühren rückwirkend saniert werden.

12. Dezember 2016: Der Verfassungsgerichtshof hebt die Gebührenbefreiung für berufstätige Studierende wegen Gleichheitswidrigkeit auf - selbstständig tätige Studenten seien benachteiligt gewesen - und setzt eine Reparaturfrist bis Juni 2018. Die Hochschülerschaft schlägt eine Reparatur der Regelung vor.

18. Jänner 2018: Wissenschaftsminister Heinz Faßmann (ÖVP) kündigt an, die Regelung nicht zu reparieren. Ab Herbst 2018 müssen auch erwerbstätige Langzeitstudierende daher Gebühren zahlen.

(APA/red.)

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