Always Look on the Bright Side of Donald Trump

Der US-Präsident hat in seinem ersten Jahr bemerkenswerte wirtschaftliche Erfolge vorzuweisen, doch seine Defizite bleiben unübersehbar.

Always look on the bright side of life“, empfahl die weise Komikertruppe Monty Python in ihrer Messias-Filmsatire „Das Leben des Brian“; da trällerte Brian allerdings schon sein letztes Liedchen am Kreuz. Zum einjährigen Amtszeitjubiläum von Donald Trump mehren sich die Versuche von Kommentatoren, seiner bisherigen Präsidentschaft auch positive Seiten abzugewinnen. Diese Annäherungsweise mag bisweilen von einem gewissen Originalitätszwang angetrieben sein, einer Lust an der Abweichung von der Meinung der Massen. Vor allem aber ist es ein Grundgebot der Fairness, bei der Bewertung eines Politikers auch Erfolge gelten zu lassen.

Auf der Habenseite kann Donald Trump die ökonomische Entwicklung in den USA verbuchen, und da dem selbst erklärten Genius Eigenlob nicht fremd ist, schmückt er sich auch ausgiebig mit diesem Lorbeer. Großteils zu Recht: Trump hat unter Wirtschaftsleuten von Anfang an Optimismus entfacht. Die Börsen sind seit seinem Amtsantritt im Höhenrausch, die Arbeitslosenrate ist auf vier Prozent gesunken und das Wirtschaftswachstum zuletzt über drei Prozent geklettert.

Mit seiner Steuerreform, der größten Errungenschaft seiner Ära, dürfte Trump diesen Trend weiter befeuern, ebenso wie mit den geplanten Milliardeninvestitionen in die Infrastruktur. Wie die Rechnung am Ende aussieht und sich der Schuldenberg erhöhen wird, steht auf einem anderen Blatt. Doch gehörig angekurbelt hat Trump die US-Wirtschaft in seinen ersten zwölf Monaten, zumindest hat er den schon unter seinem Vorgänger, Barack Obama, einsetzenden Aufschwung nicht abgewürgt.

Niemand wird dem 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten zudem absprechen können, seinen Generälen genügend Spielraum gelassen zu haben, um der Terrormiliz IS im Irak und in Syrien den militärischen Todesstoß zu versetzen. Das sind folgenreiche Leistungen, die Anerkennung verdienen. Angesichts der geradezu apokalyptischen Erwartungen, die Trump nach seiner Wahl rund um die Welt ausgelöst hat, mag man es auch als Erleichterung empfinden, dass etliche Ängste – zunächst – unbegründet waren: Der US-Präsident hat keinen neuen Waffengang und auch keinen Handelskrieg mit China vom Zaun gebrauchen, er hat der von ihm als obsolet bezeichneten Nato doch nicht den Rücken gekehrt, das Nafta-Freihandelsabkommen mit Mexiko und Kanada am Leben erhalten, den Nukleardeal mit dem Iran (vorerst) verlängert und außer ein paar verlorenen Prototypwänden auch noch keine Mauer an der US-Südgrenze errichten lassen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Trump hat in seinem ersten Jahr auch so genug Schaden angerichtet.

Sein größter geostrategischer Fehler war es, die Transpazifische Partnerschaft (TPP) aufzukündigen, die eine riesige Handelszone geschaffen und ein Bollwerk gegen den wachsenden Einfluss Pekings in Asien gebildet hätte. Ein schöneres Einstandsgeschenk hätten sich die Chinesen gar nicht wünschen können. Sie werden das Vakuum dankend füllen. Make China great again.

Der US-Präsident beschleunigt den Bedeutungsverlust der USA, den Obama mit seiner Abwendung von der Rolle des Weltpolizisten eingeleitet hat. Trump geht weiter, sieht nur noch „Amerika zuerst“ und gibt, wie beim Rückzug aus dem Klimaabkommen, globale Verantwortung ab. Weitere Schritte auf diesem unilateralen Trip sind vorgezeichnet.

Nach einem Jahr ist die Tragweite der Präsidentschaft Trumps schwer abzuschätzen. Eines aber hat er schon jetzt mit seiner unerträglichen Twitterrhoe, mit unzähligen geschmacklosen, teilweise rassistischen Äußerungen, seinem frauenverachtenden Gebaren, seinem Fake-News-Geheule und seinen Lügen, mit seiner Ignoranz und intellektuellen Faulheit, seinem Mangel an Selbstkontrolle und seiner chaotisch-neurotischen Amtsführung zur Genüge unter Beweis gestellt: Er kann sich nicht benehmen und ist für diesen Job ungeeignet; denn er schmälert die Autorität und das Ansehen der USA. Das indes war schon vor der Wahl zu erahnen – und wird sich nicht so rasch ändern lassen.

Eines Tages aber, vielleicht erst in sieben Jahren, wird auch Trump Geschichte sein. Always look on the bright side.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2018)

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