Heikle Liebeserklärung an Israel

„Die Wunder Israels sind eine Inspiration für die Welt“, sagte US-Vizepräsident Mike Pence (Mitte) bei seinem Besuch in Israel, wo er Premier Netanjahu (rechts) traf.
„Die Wunder Israels sind eine Inspiration für die Welt“, sagte US-Vizepräsident Mike Pence (Mitte) bei seinem Besuch in Israel, wo er Premier Netanjahu (rechts) traf. (c) APA/AFP/MENAHEM KAHANA
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Die US-Botschaft werde noch vor Ende des Jahres nach Jerusalem verlegt, versprach US-Vizepräsident Mike Pence in Israel. Die Palästinenserführung mied den Gast.

Jerusalem. Gleich zu Beginn seines Israels Besuches machte US-Vizepräsident Mike Pence am Montag klar: Noch vor Ende des kommenden Jahres soll die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt worden. Das sagte er bei seiner Rede vor dem israelischen Parlament. Mit anhaltendem Applaus dankten ihm fast alle Abgeordneten, nur die arabische Vereinte Liste protestierte: „Jerusalem ist die Hauptstadt Palästinas“, riefen die dreizehn Mitglieder der drittgrößten Knesset-Fraktion und hielten Fotos vom Felsendom in die Luft. Nicht einmal eine Minute brauchte das Aufsichtspersonal, um die Unmutsdemonstration zu beenden und die Abgeordneten aus dem Plenumssaal zu führen.

Nach Ägypten und Jordanien ist Israel das dritte Land, das Pence im Verlauf seiner Nahostreise besucht. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas lehnt ein Treffen mit ihm ab. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hingegen pries den Staatsgast und die guten Beziehungen zu den USA: „Amerika hat keinen größeren Freund als Israel, und Israel hat keinen größeren Freund als die USA.“ Ausführlich widmete sich Pence in seiner Rede der Leidensgeschichte des jüdischen Volkes, das „auferstanden aus der Asche“ sei und lobte die Errungenschaften seit der Staatsgründung. „Die Wunder Israels sind eine Inspiration für die Welt.“ Die USA seien stolz darauf, als „Verbündeter Israel zur Seite zu stehen“. Jakob Achimeir vom öffentlichen TV-Sender Kan nannte die Rede eine „Liebeserklärung an Israel“.

Abbas setzt auf die EU

US-Präsident Donald Trumps hatte Anfang Dezember Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt. Daraufhin wollte die palästinensische Führung keine von Trump vermittelten Friedensgespräche mehr akzeptieren. Der Ton verschärft sich zunehmend: Die Palästinenser protestierten vor der UN-Vollversammlung, wo sich 128 UN-Mitgliedsstaaten gegen die Jerusalem-Erklärung des US-Präsidenten stellten.

Trump seinerseits beschloss, Hilfszahlungen an die Palästinenser zu kürzen: 65 Millionen Dollar sollen mit sofortiger Wirkung zurückbehalten werden. Das ist mehr als die Hälfte der Summe, die die USA jährlich in die Kassen der UNRWA, der palästinensischen Flüchtlingshilfe, bezahlt. Nie waren die Beziehungen zwischen Weißem Haus und der palästinensischen Führung in Ramallah eisiger als in diesen Wochen.

Während Pence nach Jerusalem reiste, traf sich Abbas in Brüssel mit den EU-Außenministern. Nicht zuletzt aus Mangel an Alternativen setzt der Palästinenserpräsident auf die Europäer. Er hofft auf eine Anerkennung des Staates Palästina mit Ostjerusalem als Hauptstadt. EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini versicherte Abbas, die EU werde sich weiterhin für eine Zwei-Staaten-Lösung einsetzen: Die UNRWA-Arbeit sei von „unschätzbarem Wert“, um den Menschen in den Lagern „Bildung und Gesundheit“ zu garantieren. Ob die EU für die von den USA ausgesetzten Gelder aufkommen werde, wollte sie indes nicht zusagen.

Auch Pence, der als erster US-Vizepräsident vor der Knesset sprach, versicherte, dass sich Trump weiterhin für einen Frieden zwischen Israel und Palästinensern stark machen werde. „Die USA unterstützen die Zwei-Staaten-Lösung“, sagte er und appellierte an Palästinenser, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Noch letzte Woche schimpfte Abbas über den von Trump angestrebten Friedensvertrag: Ein „Jahrhundertdeal“ hätte es werden sollen – aber laut Abbas handelt es sich um die „Ohrfeige des Jahrhunderts“. Vorbei sei es mit dem vor 25 Jahren in Oslo aufgenommenen Friedensprozess. An der Zwei-Staaten-Lösung werde er aber trotzdem festhalten.

Auf einen Blick

Die US-Botschaft in Israel wird laut US-Vizepräsident Mike Pence noch vor Ende 2019 nach Jerusalem verlegt werden. Jerusalem ist zentraler Streitpunkt zwischen Israel und Palästinensern: Diese sehen Ost-Jerusalem als künftige Hauptstadt für einen unabhängigen Staat Palästina. Nachdem Donald Trump Jerusalem im Dezember de facto als Israels Hauptstadt anerkannt hatte, war es zu Unruhen in den Palästinensergebieten gekommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2018)

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