Swift-Abkommen: Zeit für ein Exempel

Die Weitergabe von Bankdaten an die USA spricht Europas Rechtsschutz Hohn. Das Europaparlament sollte sein Vetorecht ausüben.

Neulich erhielt der Autor dieser Zeilen das E-Mail eines empörten Staatsanwalts. „Ich frag mich ja wirklich“, schrieb er, „wozu ich bei meiner Arbeit noch einen Haft- und Rechtschutzrichter für diverse Grundrechtseingriffe brauche, wenn fremde (!) Staaten ohne Einschränkung sensible Daten ausgehändigt bekommen.“

Dem ist nichts hinzuzufügen. Die Verarbeitung kommerzieller Daten zum Zweck der Rechtsverfolgung muss begrenzt und gezielt sein: So fasst der EU-Datenschutzbeauftragte das Problem des Swift-Abkommens zusammen, das Innenminister und Kommission unter Umgehung wichtiger grundrechtlicher Eckpfeiler ausbaldowert haben: heimlich und in tiefer Verachtung für die einzige vom Volk gewählte EU-Institution. Wovor haben Rat und Kommission solche Angst, dass sie dem Parlament nicht einmal alle Anhänge des Abkommens aushändigen? Wieso lagern wichtige Texte wie jener über die Frage, was die US-Geheimdienste mit den Analysen anstellen, die sie aus den Daten ziehen, im stillen Kämmerlein des Rates? Weshalb muss die niederländische Liberale Sophie in't Veld mit dem Gang zum Europäischen Gerichtshof drohen, um das Selbstverständliche einzufordern: Zugang zum Rechtsgutachten des Rates, einer Grundlage für das Abkommen?

Das Parlament sollte sein Veto einlegen, auch als Lektion für hoffärtige Eurokraten. Parlamentarische Kontrolle ist eine zivilisatorische Errungenschaft, keine lästige Formalität.


oliver.grimm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2010)

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