Büroporträt

Studio Riebenbauer: Arbeiten, wohnen, schaukeln

Der offene Besprechnungskäfig lädt zum Lauschen ein.
Der offene Besprechnungskäfig lädt zum Lauschen ein. Carolina Frank
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Schöner arbeiten Wir besuchen die Designagentur Riebenbauer, es ist der erste Rundgang einer neuen Serie Wiener Büroporträts. Bis auf die Stühle wurden hier alle Möbelstücke selbst entworfen.

"Fee! Fie! Foe! Fum!" Wer ein paar Bohnen gegen die beste Milchkuh tauscht, hat entweder einen kleinen Zauber hinter sich oder eine gute Kreativagentur - besser: beides. Das Märchen um Jacks Wunderbohnenranke hat dem Grafikdesigner Franz Riebenbauer jedenfalls immer schon gefallen. "Von dieser Bohne hat man sich nichts erwartet, dann ist sie in eine andere Welt gewachsen", sagt er beim Bürorundgang. Seine ursprüngliche Ein-Mann-Designagentur weist seit 2003 einen ähnlich guten Wuchs auf. Auch deshalb steht im Studio Riebenbauer das anatomische Modell eines Bohnenkeimlings von Robert Brendel auf dem Besprechungstisch.

Carolina Frank

Konkreter wird da schon die lange Schlange der Creativ Club Austria Awards, die den Boden des Eingangsbereichs am Rand abdichtet. Seit Mai letzten Jahres hat das neue Büro der Designagentur seinen Umbau hinter sich. Bis auf die Stühle wurde alles selbst entworfen. Standhafter Marmor, gebürstetes Messing und mattes Schwarz umspannen den ersten Eindruck. Die leitende Idee war es, die ohnehin aufgeweichten Grenzen zwischen Arbeits- und Lebensraum endgültig zu verwaschen. "Wir konzipieren ja viele Büros. Die Frage, wie sich ein Arbeitsplatz entwickelt, ist uns also nicht fremd", beginnt Riebenbauer zu erzählen. "Früher ist man in die Arbeit gegangen, hat gearbeitet und ist wieder nachhause gefahren. Heutzutage fließt alles ineinander - wohnen, leben, arbeiten. Deshalb finde ich es gut, wenn sich die Arbeitsatmosphäre auch wie ein Wohnraum anfühlt", sagt der Steirer, während er zielstrebig in Richtung Toilette geht, um die Frage nach seiner liebsten Arbeitsecke zu beantworten.

Carolina Frank
Carolina Frank

Riebenbauer selbst sitze gern im Vorraum des stillsten Orts. Ein für gewöhnlich verwahrloster Platz darf hier glänzen - zum Beispiel mit einem "Beetle"-Loungesessel von Gubi im Retro-Palmen-Look. Denn: "Wann kommen Ideen? Nicht zwingend nur dann, wenn man acht Stunden bewegungslos vor dem Bildschirm sitzt. Kreative Arbeit ist anders. Ideen kommen meist dann, wenn du gerade nicht arbeitest, deshalb ist es grundsätzlich gut, wenn sich das ganze Büro nicht nach Arbeit anfühlt." Bloß beim Beton-Waschbecken gab es ungewollte Wasserspiele, ein größeres Modell musste nachträglich gegossen werden. "Damals haben wir uns verschätzt. Ich hasse es, wenn Dinge nicht funktionieren", setzt Riebenbauer nach.

Es gibt aber auch Räume, die fühlen sich sehr nach Arbeit an, wie der Werkraum des Studios. Auf einem mobilen Tisch werden Ideen angeschliffen und Prototypen gebaut. Und wenn der Zweisitzer "FLY SC2" (designt von Studio Space Copenhagen für Andtradition) auf die Seite ausweicht, funktioniert der Raum bei Bedarf auch als Fotostudio. Die beiden dänischen Architekten Signe Bindslev Henriksen und Peter Bundgaard Rützou (vulgo Studio Space Copenhagen) sind allgemein Vorbilder für Riebenbauer. "Die entwickeln sich von der Architekturseite hin in Richtung Branded Spaces, also der Markenwahrnehmung im Raum, und wir machen das umgekehrt - von der Designseite hin zur Architektur."

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Niemandsland Großraumbüro?

"Große Unternehmen sollten wieder auf kleine Einheiten setzen und die Abteilungen durchmixen. In Mission Rooms will keiner hineingehen. Die Mitarbeiter sollte man auch irgendwie dazu bringen, dass sie sich bewegen. Dafür muss man Wege schaffen. So wird ein Büro lebendig. Das Großraumbüro per se ist kein Fehler, aber es wird oft falsch gedacht. Es muss sich der Individualität der Mitarbeiter anpassen. Ich würde auch Räume schaffen, in denen sich Leute verstecken können." Franz Riebenbauer 

Neben der Werkstatt wird diskutiert, gekocht, Kaffee getrunken. Die Küche ist repräsentativ und würde als echte Arbeitsküche nicht funktionieren. "Bei dem Block sind wir an die Grenzen des Machbaren gegangen", sagt Riebenbauer. Das Design ergibt sich teilweise aus funktioneller Verpflichtung. Eine Geschirrspülertür trägt keine volle Marmorplatte, da musste man tricksen. Zwei Tonnen wiegt die massive Insel. Ein mächtiger Gedanke. Während Neonröhren mit Messing-Enden wie Ausführungszeichen in allen Räumen von der Decke hängen, schwingt hier die "Metropolis Lamp" von Pietro Russo. Die Wabe ist dem gleichnamigen Film gewidmet und teilt - wie Franz Riebenbauer - weniger das arbeitspsychologische Modell der summenden Bienenwerkstatt, das bei großen Unternehmen derzeit so beliebt ist.

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Wir gehen weiter in den Hauptraum, er ist Gemeinschaftsbüro und Meetingraum unisono. In Zeitlupe gegossene Musik wummert vor sich hin. Der große Arbeitstisch ist 5,40 Meter lang, wird von einem Stahlträger verstärkt, wirkt aber trotzdem nicht schwerbeinig. Schmale Laden verstecken sich unter der Platte. Gesessen wird auf Vitra "IDTrim", "der beste Stuhl, den man haben kann", wirbt Riebenbauer euphorisch. Patricia Urquiolas Schaukel-Ei "Maia" (für Kettal) setzt ein kleines Rückzugsnest in den Raum. Terrazzo-Blöcke von Olivia Aspinall geben der wechselnden Dekoration eine Bühne. 20 Leute haben Platz, zehn arbeiten hier, erzählt er - das Problem mit raren Shared Desks gibt es also nicht.

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Weiter zum Goldstück, dem goldenen Käfig. Der mit einem offenen, glänzenden Mantel eingekastelte Besprechungstisch soll den Raum in seiner Großzügigkeit nicht brechen. Sein Lochblech dunkelt und schirmt nur ein wenig ab. Die akustische Privatsphäre vermissen sie nicht, meint Riebenbauer. Man könne zur Not in einen anderen Raum ausweichen. "Bei Besprechungen erspart man sich aber auch einiges, weil andere, die vielleicht nicht direkt eingebunden sind, trotzdem ein bisschen mithören und dazustoßen können." Um den Käfig klettern Selettis "Monkey Lamps", ihre Botschaft: "Man sollte nicht alles so bierernst nehmen."

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Die Tendenz zu verspielten Details zeigt sich an vielen Ecken, an der Schaukel im Gang, dem leeren Louis-Vuitton-Globus und dem kleinen Krokodil auf der Herren-Toilette. Genauer muss man schon nach den falschen Zitronenfaltern suchen, die im Studio einsam oder im Schwarm rasten. "Unsere Aufgabe ist es immer, Kunden zu verzaubern", erklärt Franz Riebenbauer zum Abschied. Ein bisschen Magie darf eben auch im Schmuckkästchen-Büro nicht fehlen.

Auf einen Blick

Studio Riebenbauer ist ein Design Studio mit Sitz in Wien und Berlin, das sich auf die Markenwahrnehmung im dreimensionalen Raum (Branded Spaces) spezialisiert hat. Riebenbauers Arbeiten wurden bisher mit über 80 nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet. https://riebenbauer.net

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