Strache will Antisemiten bei Akademikerball die Tür weisen

FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache
FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache(c) Reuters
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Der Vizekanzler kritisiert "Fake News" in Zusammenhang mit der Causa NS-Liederbuch. Am heutigen Akademikerball will er ein Zeichen setzen. Ariel Muzicant, Vizepräsident des Jewish Congress, stößt sich indes am blauen "Durchschummeln".

Die Affäre rund um einschlägige NS-Liedertexte, gefunden in einem 300 Seiten umfassenden Buch der Burschenschaft "Germania zu Wiener Neustadt" erreicht nun auch den heute, Freitagabend, in Wien stattfindenden Akademikerball. Die Veranstaltung ist seit jeher umstritten: Der Ball ist zwar seit 2013 offiziell der Ball der FPÖ, inoffiziell gilt er aber nach wie vor als Ball der Burschenschafter. Auch Organisator Udo Guggenbichler, FPÖ-Gemeinderat in Wien, ist als Chef des Pennäler Rings und Mitglied der Wiener Albia führender Burschenschafter.

Eben diesen Ball wollen die Freiheitlichen nun zu einer Bühne gegen Antisemitismus machen. Für Antisemiten gebe es weder in der FPÖ noch am Akademikerball einen Platz, betonte Vizekanzler Heinz-Christian Strache am Freitag. "Die Verantwortung und das Gedenken an die Opfer des Holocaust sind uns Verpflichtung und Verantwortung in der Gegenwart und für kommende Generationen. Wer das anders sieht, soll aufstehen und gehen. Er ist bei uns nicht erwünscht", betonte der FPÖ-Chef, der zuvor selbst in die Kritik geraten war. Laut Medienberichten soll er im Juni 2017 ein Treffen der Burschenschaft "Germania" besucht haben - Strache bestreitet und ortet "Fake News".

Muzicant kritisiert "Durchschummeln" der FPÖ

Weiters regte Strache an, dass sich die Korporationen und das Dritte Lager einer Aufarbeitung der Vergangenheit widmen sollen. Dies könne durch eine Historikerkommission erfolgen, die sich schonungslos mit den Fehlern der eigenen Vergangenheit auseinandersetzen solle.

Eine Ankündigung, die Ariel Muzicant, Vizepräsident des Jewish Congress, nicht ausreicht. Zwar betonte er, man müsse sich "von allem, was dieses Rechtsextreme, Neonazistische und Antisemitische angeht", loslösen, doch betreibe die FPÖ im Gegenteil seit Jahren ein "Durchschummeln", beklagte er in der "ZiB2" am Donnerstagabend. Seine Kritik untermauerte Muzicant mit seiner persönlichen Familiengeschichte: "Meine Verwandten sind in eine Scheune gesperrt und angezündet worden, die Familie meiner Frau wurde nach Auschwitz deportiert. (...) Nun sitzt eine FPÖ in verschiedenen Regierungspositionen und sagt, sie sei gegen Antisemitismus – und gleichzeitig versucht sie einen Großteil ihrer Mandatare in diesen deutsch-nationalen Burschenschaften in Positionen zu bringen."

Angesprochen auf den Fall Udo Landbauer, der nichts von den NS-Liederbüchern gewusste haben will, nun aber seine Mitgliedschaft in der Burschenschaft ruhend stellte, meinte Muzicant: "Da liegen 19 solcher Bücher in dieser Vereinigung. Glauben Sie, die drucken solche Bücher und keiner hat davon etwas gewusst?", kritisierte der 65-Jährige.

Kardinal Christoph Schönborn sieht das NS-Liederbuch als Zeichen dafür, dass das während der Tragödie der Shoah zugefügte Leid "noch keinen Abschluss gefunden" habe: "Der spöttische Applaus für die Mordtaten des Holocaust offenbart ein Ausmaß an Menschenverachtung, dem sich unsere Gesellschaft entschieden entgegenstellen muss."

Moser versichert Unabhängigkeit der Justiz

Justizminister Josef Moser (ÖVP) versicherte unterdessen, dass die Justiz in der Causa frei von politischer Einflussnahme vorgehe: "Das garantiere ich Ihnen zu tausend Prozent, weil da geht es um Vertrauen, da geht es um Rechtstaatlichkeit", betonte er. Außerdem hielt er fest: "Dass das absolut widerwärtig ist, was da stattgefunden hat, dass das rassistisch ist, dass das etwas ist, was untragbar ist." Aus diesem Grund habe auch die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen. "Es sind Hausdurchsuchungen durchgeführt worden, heute finden bereits die ersten Einvernahmen statt. Da ist mit aller Akribie vorzugehen, um solche Vorfälle in Zukunft nicht mehr stattfinden lassen." Entscheidend sei, dass die Verantwortlichen ausgeforscht werden und die nötigen Maßnahmen gesetzt würden.

Auf einen Blick

Wegen des einschlägigen Liederbuchs der Verbindung "Germania zu Wiener Neustadt", der auch der niederösterreichische FPÖ-Spitzenkandidat, Udo Landbauer, angehört, hat nun die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen. Im Raum steht der Vorwurf der Wiederbetätigung. In dem 300 Seiten starken Liederbuch, das die Burschenschaft aufgelegt hat, sind unter anderem diese Zeilen abgedruckt: "Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: ,Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million.'" Und an anderer Stelle: "Da schritt in ihre Mitte ein schlitzäugiger Chines': 'Auch wir sind Indogermanen und wollen zur Waffen-SS.'" Landbauer streitet ab, von dem Lied gewusst zu haben. Seine Mitgliedschaft bei der Burschenschaft stellte er ruhend.

>>> Muzicant in der "ZiB2"

(Red./APA)

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