Der verlorene Sohn kehrt als Asylant zurück

Die Mindestrentnerin und der Flüchtling: Ulli Maier als Herta, Tamim Fattal als Samir.
Die Mindestrentnerin und der Flüchtling: Ulli Maier als Herta, Tamim Fattal als Samir.(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Peter Turrinis Volksstück „Fremdenzimmer“ wurde von Herbert Föttinger gekonnt inszeniert. Erwin Steinhauer und Ulli Maier brillieren als typisches Wiener Paar, das nach und nach sein Herz für einen Flüchtling entdeckt.

Aus Gustl, dem Protagonisten im Kammerspiel „Fremdenzimmer“, bricht es mitten im Stück urplötzlich heraus: „Manchmal denk' i mir, i hab' so viel Hass in mir, dass ich ihn gar nicht unterbringen kann in die 24 Stund, die der Tag lang ist. Mein Hass ist zu groß für den Tag und für mein Herz“, sagt der untersetzte Postler, der zwangsweise frühpensioniert wurde, der zuckerkrank ist und bei sich soeben einen lebensgefährlich hohen Blutdruck gemessen hat. Wie gut, dass dieser August Knapp, von Erwin Steinhauer beeindruckend präsent und raffiniert schlicht gespielt, eine Figur in dem neuen Stück von Peter Turrini ist, das am Donnerstag im Theater an der Josefstadt uraufgeführt wurde. Denn dieser Autor, bei allem Elend der Welt altersmild weise, zeigt sich erneut als Menschenfreund, der auf der Bühne Läuterung erlaubt und am Ende sogar zu einer märchenhaften Utopie abhebt.

„The Winner Takes It All“ von ABBA

In der präzisen Inszenierung des Hausherrn, Herbert Föttinger, wird das heikle Thema Flüchtlinge nicht hysterisch, marktschreierisch, sondern meist lakonisch, manchmal heiter und wie beiläufig abgehandelt – es gewinnt dadurch an Intensität. Der Regisseur hat das Gefühlige, das in manchen Passagen des Texts überhandzunehmen droht, reduziert. Gespielt wird auf fast leerer Bühne mit wenigen Requisiten. An die 40 Szenen sind in harten Schnitten durch Lichttechnik segmentiert. Das Publikum wird geblendet, während sich die Darsteller neu formieren. Auch die Musik erlaubt keine falsche Süßlichkeit. Selbst wenn Ulli Maier als Mindestrentnerin Herta Zamanik „The Winner Takes It All“ von der schwedischen Popgruppe ABBA singt, klingt das in gezielter Falschheit wie eine Dekonstruktion von Kitsch.

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