Tesla: Lautlos glüht die Stromrakete

(c) Clemens Fabry
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Die Wundermaschine aus Southern California an einem Januartag in Wien-Erdberg: Kann uns der Tesla Roadster so schnell bekehren, wie er zum Aufladen braucht?T Es gibt viel Angriffsfläche für Bedenken.

Das Elektroauto ist noch nicht richtig auf der Welt, da wird es schon betoniert. In den Saft, den es aus der Steckdose bezieht, könnte böser Atomstrom gemischt sein (davon kann man in vielen Ländern sogar fix ausgehen, betrifft aber auch Fernseher und Handmixer).

Tatsächlich gibt es so viel Angriffsfläche für Bedenken (Reichweite, Kosten, Sicherheit, Infrastruktur), dass man seine Niederkunft bequem um zehn weitere Jahre vertagen könnte (ums Jahr 2001 begrub General Motors das Projekt „EV-1“, die lange Zeit hoffnungsvollste Annäherung an eine strombetriebene Autozukunft).

Bedenken sind aber genau der Sprit, der Querdenker antreibt. 2006 gründeten Internetmillionäre im kalifornischen Silicon Valley Tesla Motors. Das erste Auto kam 2008, ein pfeilschneller Sportwagen für Leute, die das klassische Aufgebot von Porsche bis Ferrari schon in der Garage (oder hinter sich) haben.

Von Beginn an kaprizierte man sich auf eine elitäre Kundschaft: „Man darf nicht die Masse fragen. Die Welt denkt in Öl“, erklärt uns Craig Davis. Der Amerikaner hat acht Jahre bei Mini in München gearbeitet, bis ihm das konventionelle Autogeschäft fad wurde und er die smarte Wendung in seinem Lebenslauf suchte. Seit einem Jahr leitet er die Niederlassung von Tesla Motors in München, eine von dreien in Europa (nebst London und Monaco). Bis Ende Februar wird Craig zehn Autos nach Österreich ausgeliefert haben, weltweit hat Tesla in eineinhalb Jahren etwa 900 verkauft.

Das aktuelle Modell, den Roadster Sport, hat Craig zum „Presse“-Gespräch mitgebracht. Man will es dem Auto fast schon hoch anrechnen, dass es sich nicht weigert, in der windig-kalten Januartristesse von Wien-Erdberg zu funktionieren – in Südkalifornien scheint bekanntlich immer die Sonne. „Absolut kein Problem“, sagt Craig, und wir sitzen schon hinterm Lenkrad (auf geheizten Sitzen).

Dass man sich in dieses knapp geschnittene Cockpit eher hineinfaltet, als dass man in den Sitz plumpst, überrascht nicht: Das Chassis des Tesla stammt vom puristischen Lotus Elise, es wird auch im englischen Hethel gefertigt. Der Unterschied liegt im Antrieb.

Für das Fahren auf Schnee und Matsch ist der Tesla gar nicht schlecht gerüstet. Die Batterie, ein aufwendig versiegeltes (und stets über eine Flüssigkeit temperiertes) System aus 6831Akkus von Panasonic, liegt kurz vor der Hinterachse und sorgt für eine deutlich hecklastige Gewichtsverteilung. Die Hinterräder kommen so, wie schon beim Käfer, gut zu Grip. Das 450-Kilo-Akku-Trumm ist für einen zarten Sportwagen sonst natürlich schon eine Bürde, die Original-Elise wiegt nur 800 (statt 1200 Kilogramm).

Grip ist einer der Gründe, warum dem Roadster sagenhafte Beschleunigungswerte zugeschrieben werden (laut Werk 3,7Sekunden von 0 auf 100km/h), der andere liegt in der Charakteristik von Elektromotoren: Die brauchen nicht erst hohe Drehzahlen, um Power abzuliefern. Sobald man fest aufs Pedal steigt, greifen die maximal 400Newtonmeter Drehmoment vehement und unmittelbar ins Getriebe. Wenn man von einem solchen überhaupt reden möchte, denn der Motor wird stufenlos übersetzt – geschaltet wird im Tesla nicht.

Das Fehlen des Schaltrucks ist die eine neuartige Erfahrung beim Gasgeben, die relative Stille die andere. Mangels Ansaugkanal, Brennräumen und Auspuff kann das Auto keinen Krawall entwickeln, mehr als turbinenhaftes Surren ist ihm nicht zu entlocken.

„Sound ist der Blinddarm aus der Vergangenheit des Automobils. Er hat uns gesagt, wann wir schalten müssen.“

Craigs Weisheiten ist schwer zu widersprechen. So driften wir lautlos über einen verschneiten Parkplatz, und spätestens im (energieraubenden) „Performance“-Modus ist nicht zu übersehen, dass das Auto wirklich gut am Gas hängt. Moderne Turbomotoren sind da aber noch nicht aus dem Feld geschlagen.

Der Tesla verspricht all die Kurzweil, die man von einem Sportwagen erwartet, die kurze Leine seiner Reichweite (200 bis 350km) vermag das Erlebnis Autofahren noch zu intensivieren und ein Flair von Abenteuer beizumengen, wie bei den ersten Automobilisten in Zeiten der Fuhrwerke. Er wird kaum als einziges Auto im Stall stehen.

AUF EINEN BLICK

Tesla Roadster Sport
Sportlichster Ausleger des Elektroautopioniers aus Kalifornien.

Antrieb 375-Volt-Elektromotor, 288PS, 400Nm abnull U/min.

Abmessungen
L/B/H: 3947/1852/1128mm. Gewicht: 1260kg.

Fahrleistungen 0 auf 100km/h in unter vier Sek. Vmax 200 km/h. Reichweite max. 390km. Ladezeit: 3,5 Std. bei 240Volt/ 70A(„Tesla Home Connector“).

Preis 130.000Euro

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2010)

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