FPÖ: Die Wahl ist gerettet, das Problem bleibt

Strache und Landbauer
Strache und LandbauerAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Die Freiheitlichen konnten trotz des Skandals um die NS-Lieder stark zulegen. Erreichten das Wahlziel aber nur bedingt. Eine Personaldebatte wird es dennoch geben.

St. Pölten. „Udo, Udo, Udo!“: Mit Sprechchören wurde Spitzenkandidat Udo Landbauer im stark verrauchten Gasthaus Fasslboden am Sonntagabend begrüßt. Die blauen Funktionäre klatschten, schwenkten die Fahnen und riefen „So sehen Sieger aus“. Bei dem lautstarken und demonstrativen Rückhalt ging sogar die Ankunft von Parteichef Heinz-Christian Strache unter.

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„Udo“ ergriff auf der Wahlparty auch als Erster das Mikrofon. Es sei „trotz allem“, wie Landbauer sagte, „ein großartiger Erfolg“. Aber freilich hätte es „immer mehr sein können“. Eine kleine Enttäuschung klingt dabei schon durch. Offiziell hat es die gestern aber freilich nicht gegeben. „Ihr könnt stolz sein“, ruft Strache den Funktionären zu. Die FPÖ habe das zweitbeste Ergebnis bei einer niederösterreichischen Landtagswahl eingefahren und habe sich, „obwohl wir in der Bundesregierung sind“, verdoppelt. Prozentuell stimmt das zwar nicht ganz (es ging von 8,2 auf 14,8 Prozent). Aber bei den Mandaten konnte die FPÖ tatsächlich von vier auf acht klettern. Das offizielle Wahlziel, nämlich die Verdopplung, haben die Freiheitlichen damit erreicht. Man war erleichtert.

Es hätte angesichts des Skandals rund um Landbauer schlimmer kommen können. In seiner Burschenschaft, der Germania zu Wiener Neustadt, sind nur wenige Tage vor der Wahl antisemitische Liederbücher aufgetaucht und haben für Empörung gesorgt. Das hat den Wahlerfolg zwar nicht verhindert, aber gedämpft. Landbauers dürfte mit seinen Beteuerungen, die Liedtexte nicht zu kennen und für restlose Aufklärungen sorgen zu wollen, skeptische FPÖ-Sympathisanten besänftigt haben. Andere hat er wohl mit seiner kämpferischen Ansage „Jetzt erst recht!“ mobilisiert. Damit machte er es dem ehemaligen Bundespräsident Kurt Waldheim gleich. Der hat sich mit dem selben Spruch gegen den Vorwurf, er habe seine NS-Vergangenheit verschwiegen, gewehrt.

Spekulationen um Rückzug

Der Skandal um die NS-Liederbücher war auch im freiheitlichen Klub, wo sich Funktionäre am Nachmittag die erste Hochrechnung ansahen, das bestimmende Thema. Auch hier konnte sich Landbauer des Rückhalts sicher sein. Landesparteichef Walter Rosenkranz bescheinigte ihm einen „fehlerfreien und staatsmännischen Wahlkampf“. Es habe aber eben eine „nie dagewesene Hetzkampagne“ gegeben.

Diese Interpretation hört man am Wahlabend immer wieder. Von einer „Sudelkampagne“, von einem „durchsichtigen Manöver“ und von „widerlichen Anschüttungen“ ist da die Rede. „Ich war damals elf Jahre – also lassen wird die Kirche im Dorf. Wir sind vielen offenbar zu gefährlich geworden“, sagt Landbauer vor seinen Anhängern und erntet dafür großen Applaus im Gasthaus.

Auf der politischen Bühne haben die Enthüllungen den Ruf nach personellen Konsequenzen trotz aller Unschuldsbeteuerungen zunehmend lauter werden lassen. Einen Tag vor der Wahl wurde er unüberhörbar. Da sprach sich nämlich Bundespräsident Alexander Van der Bellen für einen Rücktritt aus. Ansonsten habe die FPÖ, wie er sagte, „ein Problem“.

Das brachte einen Stein ins Rollen. Der bewog offenbar Landeshauptfrau und ÖVP-Spitzenkandidatin Johanna Mikl-Leitner, die sich bisher in der Sache auffallend bedeckt hielt, klar Stellung zu beziehen: „Wer den Ruf Niederösterreichs schädigt, kann kein Partner sein“, sagte sie am Samstag und schloss damit erstmals eine Koalition „mit der Person Landbauer“, wie sie es formulierte, aus.

Mit dieser Wortwahl ließ sie sich eine Hintertüre offen. Immerhin hat Mikl-Leitner nie eine Zusammenarbeit mit der FPÖ ausgeschlossen. Die wird es auch geben müssen. Angesichts der absoluten Mehrheit der ÖVP muss es zwar keine Koalition sein. Aber aufgrund des Proporzes muss nun mit den Freiheitlichen, die einen Regierungssitz inne haben, zusammengearbeitet werden.

Gremien tagen schon am Montag

Schon im Laufe des Wahltages löste das Spekulationen über die personelle Zukunft aus. Das Gerücht, dass die FPÖ nicht Landbauer, sondern Klubobmann Gottfried Waldhäusl als Landesrat nominieren könnte, machte die Runde. Zuerst wurde es nicht kommentiert. Später vage dementiert. „Van der Bellen sitzt in keinem einzigen freiheitlichen Gremium drinnen“, sagte Rosenkranz zur Rückzugsaufforderung des Präsidenten. Man werde die Situation analysieren. Ausgeschlossen sei es nicht, dass der Sitz in der Landesregierung, nicht an Landbauer gehe. „Aber: Ich schließe nie irgendetwas aus“, sagte Rosenkranz und lobte im selben Atemzug den Spitzenkandidaten: „Auf so ein politisches Talent wie Landbauer wird man nicht verzichten können.“

Doch Landeshauptfrau Mikl-Leitner blieb in den TV-Interviews am Wahlabend dabei: Sie wolle mit Landbauer nicht zusammenarbeiten. Ihre Hand bleibe allerdings „ausgestreckt“. Im freiheitlichen Klub verfolgte man die Aussagen auf der Leinwand. „Aha, das ist eine klare Ansage“, hörte man einen Funktionär sagen. Nun werden die Gremien in der FPÖ entscheiden. Das können sie schon heute tun. Denn der traditionell blaue Montag fällt aus. Es gibt einiges zu besprechen. Die Wahl ist zwar gerettet, aber das Problem bleibt.

(Presse-Print, 29.01.2018)

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