Politik verurteilt Abgastests mit Affen und Menschen als "absurd und unentschuldbar"

Die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks ist entsetzt über Abgastests
Die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks ist entsetzt über AbgastestsAFP (JOHN MACDOUGALL)
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Nach Bekanntwerden von Abgastests mit Affen und Menschen durch einen Forschungsverein der Autoindustrie wird der Ruf nach Aufklärung aus der Politik lauter.

Der niedersächsische Wirtschaftsminister und VW-Aufsichtsrat Bernd Althusmann (CDU) forderte einem Bericht der dpa zufolge neben einer vollständigen Aufklärung und einem umfassenden Bericht an den Aufsichtsrat "harte personelle Konsequenzen" für diejenigen, die für die Tierversuche durch einen Forschungsverein der Autoindustrie verantwortlich seien. Die Versuche selbst nannte er "absurd und unentschuldbar". Mit ähnlichen Worten kritisierte auch Ministerpräsident Stefan Weil (SPD), der ebenfalls im VW-Aufsichtsrat sitzt, die Versuche. Niedersachsen ist zweitgrößter Aktionär des Autobauers. Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat "entsetzt" reagiert. Was bisher bekannt sei, sei "abscheulich", erklärte sie am Montag in Berlin. Die Hintergründe zu diesem Skandal gehörten jetzt schnell auf den Tisch. Neben der Autoindustrie müsse auch die Wissenschaft ihre Verantwortung dafür aufklären.

Berichten der "Stuttgarter Zeitung" und der "Süddeutschen Zeitung" zufolge soll die durch die Affenversuche in die Kritik geratene "Europäische Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor" (EUGT) auch ein Experiment gefördert haben, bei dem sich Probanden dem Reizgas Stickstoffoxid ausgesetzt hätten. Autoabgase gelten als wichtigste Quelle für das Gas. Bei der 2016 veröffentlichten Studie hätten an einem Institut des Aachener Uniklinikums 25 junge, gesunde Personen über mehrere Stunden das Gas in unterschiedlichen Konzentrationen eingeatmet und seien anschließend untersucht worden. Nach Einschätzung der EUGT habe die Studie ergeben, dass keine Wirkung festgestellt werden konnte, hieß es weiter. Die Vereinigung wurde im Sommer 2017 ausgelöst.

Daimler distanzierte sich von der EUGT und erklärte, man verurteile die Versuche "auf das Schärfste". Deren Vorgehen widerspreche den Werten und ethischen Prinzipien des Unternehmens. Auch wenn Daimler keinen Einfluss auf den Versuchsaufbau gehabt habe, habe man eine umfassende Untersuchung eingeleitet.

Zur EUGT hatten sich Volkswagen, Daimler, BMW und Bosch zusammengeschlossen. Auch VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh forderte eine umfassende Aufklärung. In der Zeitung "Die Welt" sagte er, die bei den Versuchen an Affen involvierten Manager müssten zur Rechenschaft gezogen werden. VW hatte sich zuvor für die Tierversuche entschuldigt. Deutsche Autohersteller sollen einem Bericht der "New York Times" zufolge vor einigen Jahren Tierversuche finanziert haben, um zu belegen, dass ihre Dieselfahrzeuge keine Gesundheitsschäden verursachen. AuchBMW distanzierte sich von den Versuchen.

Kein Zusammenhang mit Dieselskandal

Angebliche Schadstoffversuche mit Menschen haben nach Angaben des zuständigen Institutsleiters Thomas Kraus von der Universität Aachen keinerlei Verbindung mit dem Abgasskandal. Die Studie von 2013 - lange vor dem VW-Dieselskandal - habe sich mit dem Stickstoffdioxidgrenzwert am Arbeitsplatz befasst, erklärte Kraus am Montag.

Weil der Grenzwert herabgesetzt worden sei und es keine Studien zu Menschen gegeben habe, seien 25 gesunde Menschen Belastungen ausgesetzt worden, die unterhalb der Belastungen am Arbeitsplatz lägen. Die Ethikkommission habe die 2016 veröffentlichte Studie als vertretbar bewertet.

Allerdings habe die von den Konzernen VW, Daimler und BMW gegründete Europäische Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor (EUGT) die Studie gefördert, die Forscher jedoch "in keinster Weise" beeinflusst, sagte Kraus.

Stickstoffdioxid (NO2) ist der Schadstoff, dessen Messwerte von VW in den USA jahrelang manipuliert worden waren, um die gesetzlichen Grenzwerte für Dieselfahrzeuge offiziell einzuhalten. Tierversuche beim Test von Dieselabgasen hatten zuvor Empörung ausgelöst. Sie wurden durch US-Ermittlungen zur VW-Abgasaffäre bekannt. Affen waren dabei gezielt Schadstoffen ausgesetzt worden.

Kraus erklärte, die NO2-Konzentration für die Studie sei vergleichbar mit der in der Umwelt gewesen. Die Probanden seien dieser Konzentration für drei Stunden ausgesetzt worden, gesundheitliche Effekte habe es nicht gegeben. "Es gibt keinen Zusammenhang mit dem Dieselskandal", betonte er.

(Reuters)

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