Studie zu Lobautunnel: Eine Empfehlung pro, eine contra Tunnelbau

Maria Vassilakou stellte die Studie zum Lobautunnel vor.
Maria Vassilakou stellte die Studie zum Lobautunnel vor.APA/GEORG HOCHMUTH
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Studie der TU Wien spricht sich gegen den Tunnelbau aus, eine beauftragte Expertengruppe hält ihn dagegen für notwendig. Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou ist weiter gegen den Bau.

"Was die Studie nicht erreichen wird, ist aus Tunnelgegnern Befürworter zu machen und aus Tunnelbefürwortern Gegner", meinte Maria Vassilakou. "Die Haltung der Grünen bleibt unverändert", betonte sie: "Ich glaube, dass es den Tunnel nicht braucht und ich fühle mich auch bestätigt."

Das ist das kurze Resümee, das Wiens Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) zog, nachdem sie am Montag die langerwartete Studie zum geplanten Wiener Lobautunnel präsentierte. Genau genommen sind es zwei Studien - und sie kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Während sich jene der TU Wien gegen den Tunnelbau ausspricht, kommt die beauftragte Expertengruppe zum Schluss, dass dieser notwendig ist. Vassilakou bleibt beim Nein zum Tunnel.

Ziel der Studie, die Vassilakou bereits 2016 in Auftrag gegeben hatte, war auch die Prüfung von Alternativen zum Tunnel unter dem Nationalpark. Hier kommt die Expertengruppe zum Ergebnis, dass wegen der zwischenzeitlichen Siedlungsentwicklung aus heutiger Sicht keine der anderen, ursprünglich untersuchten Varianten durchführbar oder wirksam wäre. "Kein Tunnel ist die Alternative, aber Trassenalternativen gibt es aus unserer Sicht nicht", sagte Christof Schremmer vom Österreichischen Institut für Raumplanung.

Ausbau der Parkraumbewirtschaftung

Gemeinsam ist beiden Expertisen, die Vassilakou gemeinsam mit den Studienautoren bei einem Hintergrundgespräch am Montag präsentierte, dass es ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Reduktion des motorisierten Verkehrs braucht - egal, ob der S1-Lückenschluss inklusive Tunnel kommt oder nicht. "Abgesehen von der Meinungsverschiedenheit, ob es den Tunnel braucht oder nicht, klar ist, der Tunnel alleine wäre kontraproduktiv", sagte Vassilakou. Das Maßnahmenpaket umfasst den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, der Parkraumbewirtschaftung sowie eine Verkehrsberuhigung in den Ortskernen der Donaustadt.

Wiener Nordostumfahrung mit Lobautunnel
Wiener Nordostumfahrung mit LobautunnelAPA

Die Expertengruppe rund um Christof Schremmer vom Österreichischen Institut für Raumplanung jedenfalls empfiehlt den Tunnelbau. Die Siedlungs- und Wirtschaftsentwicklung im 21. und 22. Bezirk sowie im Umland würde ohne S1-Donauquerung "erheblich behindert und zeitlich verzögert" werden, heißt es in ihrem Bericht. "Man wird den Tunnel brauchen", zeigte sich Schremmer überzeugt. Auch er betonte allerdings die Bedeutung des zeitgleich stattfindenden Ausbaus der Öffis und der Ausdehnung der Parkraumbewirtschaftung.

Die TU-Verkehrsanalyse kommt hingegen zu dem Schluss, dass der Lobautunnel aus verkehrlicher Sicht nicht erforderlich ist. Die Experten der Technischen Universität entwickelten vier Szenarien für das Jahr 2030. "Die Studie zeigt uns, wenn nichts geschieht, dann erstickt Wien und ganz besonders die Donaustadt im Verkehr", sagte Vassilakou.

TU: Tunnel bringt nur Entlastung für drei, vier Jahre

Wenn der Tunnel alleine gebaut würde, würde das nur eine vorübergehende Entlastung für drei, vier Jahre bringen. Der Tunnel im Paket mit begleitenden Maßnahmen wie dem Ausbau der Öffis und der Parkraumbewirtschaftung würde gegenüber dem Jetztstand eine Entlastung bringen. "Wenn diese Maßnahmen ohne den Bau des Tunnels erfolgen, haben wir die größte Entlastung", sagte Vassilakou. "Der Lobautunnel für sich alleine verändert das System negativ für die Stadt", zeigte sich Harald Frey von der TU Wien überzeugt: "Deshalb gibt es von uns eine klare Empfehlung: Wenn der Tunnel kommt, braucht es den Aktionsplan, um die negativen Wirkungen abzuschwächen."

Die Studie habe eine "ganz klare Handlungsanleitung" für die Stadt Wien aufgezeigt, befand auch Vassilakou. Nun gehe es vor allem darum, die Umsetzung des Maßnahmenpakets zur Eindämmung des Autoverkehrs rasch in die Wege zu leiten und die Finanzierung zu klären.

Beim Ausbau des öffentlichen Verkehrs soll vor allem die Schnellbahn eine Rolle spielen, es gehe aber auch um den Ausbau und Taktverdichtungen bei Bussen und Straßenbahnen. Die Einführung des Parkpickerls sei jedenfalls in der Donaustadt notwendig.

Gespräche mit Ludwig und Hofer

Vassilakou rechnet damit, dass es aufseiten des Koalitionspartners Unterstützung dafür geben wird. Ein Gespräch mit dem neuen SPÖ-Vorsitzenden Michael Ludwig werde es "sehr bald" geben. "Es ist eine hervorragende Gelegenheit, um unsere Zusammenarbeit zu beginnen", meinte Vassilakou. Auch mit Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) will sie das Gespräch suchen.

"Es ist nicht die Stadt Wien, die jetzt eine Entscheidung zu treffen hat", betonte Vassilakou einmal mehr. Derzeit prüft das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in zweiter Instanz den positiven Umweltverträglichkeitsbescheid für den geplanten S1-Abschnitt Schwechat bis Süßenbrunn samt Lobautunnel. Wann mit einer Entscheidung des Gerichts zu rechnen ist, wisse man nicht, sagte Vassilakou.

>> Die Studien zum Download

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