Russlands Ärger über die "Oligarchenliste" der USA

Wladimir Putin gibt sich trotz neuer US-Maßnahmen konziliant.
Wladimir Putin gibt sich trotz neuer US-Maßnahmen konziliant.REUTERS
  • Drucken

Die USA veröffentlichen eine Liste mit 114 Personen, gegen die es bald Sanktionen geben könnte. Putin warnt die USA vor einer neuer Eiszeit in den Beziehungen.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat den USA wegen deren Sanktionspolitik indirekt mit einer neuen Eiszeit in den Beziehungen gedroht. Die Veröffentlichung der sogenannten Oligarchenliste durch die USA sei ein unfreundlicher Akt, sagte Putin am Dienstag in Moskau. Sie mache die ohnehin bereits schwierigen Beziehungen beider Länder noch komplizierter.

Russland sei aber an einer Verbesserung interessiert und verzichte daher vorerst auf Vergeltungsmaßnahmen. Die US-Regierung hatte am Montag zwar zunächst davon abgesehen, neue Sanktionen gegen Russland wegen dessen mutmaßlicher Einflussnahme auf die US-Wahl 2016 zu verhängen. Das Finanzministerium veröffentlichte im Rahmen der Sanktionsgesetze aber eine Liste mit 114 ranghohen Politikern und 96 Wirtschaftsmanagern mit Nähe zur Regierung in Moskau, gegen die Strafmaßnahmen verhängt werden könnten.

Putin: "Bereit, Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen"

Putin sagte vor Wahlkampfhelfern in Moskau, das amerikanische Vorgehen belaste nicht nur die bilateralen Beziehungen, es schade auch den internationalen Beziehungen insgesamt. Es sei dumm, Russland genau so zu behandeln wie Nordkorea und den Iran, und gleichzeitig Russland um Mithilfe bei den Bemühungen um eine friedliche Lösung für den Konflikt auf der koreanischen Halbinsel zu bitten. "Wir haben auf diese Liste gewartet und - ich will das nicht verheimlichen - waren bereit, Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen, ernsthafte, die unsere Beziehungen auf den Nullpunkt zurückgeworfen hätten", sagte Putin. Russland sei aber an besseren Beziehungen gelegen und werde daher vorerst von solchen Schritten absehen. "Aber wir werden sehr genau beobachten, wie sich die Lage entwickelt."

Die US-Regierung hatte am Montag auf die Verhängung neuer Strafmaßnahmen mit der Begründung verzichtet, die bestehenden Sanktionen zeigten bereits Wirkung und belasteten russische Unternehmen. So hätten die Sanktionen ausländische Regierungen von geplanten Käufen von russischen Rüstungsgütern im Volumen von mehreren Milliarden Dollar abgehalten.

US-Präsident Donald Trump hatte Anfang August 2017 trotz Vorbehalten ein vom Kongress nahezu einstimmig verabschiedetes Gesetz über neue Sanktionen gegen Russland in Kraft gesetzt. Der Präsident hatte sich gegen die Verschärfung gestemmt, weil er darin eine Gefahr für seine Bemühungen um bessere Beziehungen zu Russland sah. Das Gesetz ermächtigt das Außen- und das Finanzministerium sowie die Geheimdienste, eine Liste von regierungsnahen Politikern und Wirtschaftsmanagern zu erstellen, die für Sanktionen infrage kämen. Darauf beschränkte sich die US-Regierung zunächst. Gegen die auf der Liste genannten Personen - darunter die Chefs der beiden größten Banken sowie Unternehmensführer aus den Branchen Stahl und Gas - werden aber keine sofortigen Strafen wie etwa Kontensperren oder Einreiseverbote verhängt.

Börsen blieben entspannt

Nach dem Verzicht der USA auf neue Wirtschaftssanktionen legten die Börsen in Russland zu. Auch von der Veröffentlichung einer Liste mit regierungsnahen Oligarchen durch die USA ließen sich Anleger nicht beirren. Der Effekt dieser Liste auf die russische Wirtschaft lasse sich nur schwer abschätzen, sagte Dimitri Polewoj, Chef-Volkswirt der ING-Bank in Moskau. Entscheidend sei, ob europäische Firmen ihre Beziehungen zu Unternehmen der dort genannten Personen auf Eis legten. Der Moskauer Aktienmarkt gewann zeitweise 1,1 Prozent.

Unabhängig davon stellte die Rating-Agentur Moody's in einem Reuters-Interview eine Anhebung der Bonitätsnote Russlands in Aussicht. Die russische Wirtschaft sei inzwischen stark genug, um den westlichen Sanktionen zu widerstehen, betonte Moody's-Managerin Kristin Lindow. Bis zum Jahresende sei eine Anhebung der Bonitätsnote von derzeit "Ba1" möglich.

(APA/Reuters)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Auch der russische Premier Dmitrij Medwedjew findet sich in einem Papier des US-Finanzministeriums.
Außenpolitik

Russland/USA: Washington hat Kreml-Elite im Visier

Nach Veröffentlichung einer Liste mit 210 prominenten Politikern und Geschäftsleuten schwankt Moskau zwischen Ärger und Angst vor neuen Sanktionen.
Die Anhänger des nicht zur Wahl zugelassenen Alexander Nawalny fordern einer Wahl-Boykott.
Außenpolitik

Russland: USA wollen mit Sanktionen Präsidentenwahl beeinflussen

Am Montag wird mit der Veröffentlichung neuer US-Sanktionsberichte gerechnet. Für die russische Regierung ein Indiz, dass die USA die Präsidentenwahl beeinflussen will.
Für den von Nawalny ausgerufenen „Wählerstreik“ gingen mehrere Tausend Menschen wie hier in Moskau auf die Straße – weniger, als die Organisatoren erhofft hatten.
Außenpolitik

Russland: Nawalny in der politischen Sackgasse

Zum landesweiten "Wählerstreik" des Kreml-Kritikers kamen weniger Teilnehmer als erwartet. Nawalny wurde in Moskau kurzzeitig festgenommen. Die Behörden erhöhen ihren Druck auf ihn.
Außenpolitik

Kremlkritiker Nawalny in Moskau festgenommen

Kremlkritiker Alexej Nawalny hatte zu landesweiten Demonstrationen gegen Präsident Wladimir Putin aufgerufen. Hunderte Regierungsgegner folgten seinem Aufruf. Er selbst wurde festgenommen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.