Katalonien: Puigdemont sieht Ende des Unabhängigkeitskampfes

Carles Puigdemont
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"Es ist vorbei", schrieb der separatistische Politiker in einer privaten Textnachricht, die eigentlich hätte geheim bleiben sollen. Dies seien "die letzten Tage der katalanischen Republik".

Kataloniens abgesetzter Regionalpräsident Carles Puigdemont sieht den Unabhängigkeitsprozess vorerst am Ende. Nachdem Parlamentspräsident Roger Torrent am Dienstag eine mögliche Wiederwahl Puigdemonts zum neuen Regierungschef verschoben hatte, schrieb Puigdemont dem separatistischen Linksrepublikaner Toni Comin über den Textnachrichtendienst Whatsapp: "Dir ist klar, dass es jetzt vorbei ist. Unsere Leute haben uns geopfert. Zumindest mich".

Er werde sich nun auf seine "eigene Verteidigung" konzentrieren, erklärte der Politiker. "Auch ich bin menschlich und zweifle manchmal", zitiert ihn La Vanguardia. Eigentlich sollte die Whatsapp privat bleiben und niemals an die Öffentlichkeit gelangen. Doch ein Fernsehteam des spanischen TV-Senders Telecinco filmte Comin zufällig beim Lesen der Whatsapp. Comin will den Sender nun klagen.

Puigdemont, der sich wegen der illegalen Ausrufung der katalanischen Unabhängigkeit im Oktober auf der Flucht vor der spanischen Justiz nach Brüssel abgesetzt hat, scheint die Flinte ins Korn zu werfen. "Der Plan der Moncloa hat funktioniert. Das sind die letzten Tage der katalanischen Republik" schrieb Puigdemont seinem ehemaligen Gesundheitsminister.

Mit Moncloa bezog sich Puigdemont auf den Madrider Regierungspalast des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy, der vor dem spanischen Verfassungsgericht am Samstag erfolgreich verhinderte, dass Puigdemont sein Regierungsprogramm per Videokonferenz vorstellen und zum neuen Regierungschef Kataloniens in Abwesenheit gewählt werden kann.

In Spanien droht Puigdemont die Festnahme

Bei den Neuwahlen am 21. Dezember konnten Puigdemont Einheitsliste "Junts per Catalunya" (Gemeinsam für Katalonien) und den anderen separatistischen Parteien der Linksrepublikaner (ERC) und die neo-marxistische CUP erneut eine absolute Parlamentsmehrheit erreichen. Demnach stände der Wiederwahl Puigdemonts rein rechnerisch nichts im Wege. Das Verfassungsgericht bestätigte allerdings den Einwand der spanischen Zentralregierung, Puigdemont müsse laut Parlamentsstatuten aber zur Wiederwahl im Parlament anwesend sein.

Daran hat der abgesetzte Ministerpräsident aber kein Interesse. Er wird wegen Rebellion, Aufruhe und Veruntreuung öffentlicher Gelder im Zuge des illegalen Unabhängigkeitsprozesses von der spanischen Justiz gesucht. Sobald er spanischen Boden betritt, wird er festgenommen. Deshalb will Puigdemont vorerst auch im Brüsseler Exil bleiben.

"Parlamentspräsident Torrent und seine separatistischen Linksrepublikanern haben allerdings kein Interesse, dass noch mehr von ihren Leuten wegen Puigdemonts frontalen Konfliktkurs mit der spanischen Regierung und Justiz, den sie nicht teilen, ins Gefängnis gehen müssen", stellt der katalanische Politologe Oriol Bartomeus im Gespräch mit der APA klar.

Er erinnert daran, dass ihr Parteichef Oriol Junqueras, der sich im Gegensatz zu Puigdemont als ehemaliger Vize-Regierungschef Kataloniens der Justiz wegen seiner Teilnahme am Unabhängigkeitsprozess stellte, seit November immer noch in Untersuchungshaft sitzt. "Das war ein harter Schlag für die Linksrepublikaner. Sie sahen sich als absolute Wahlfavoriten. Ihr Spitzenkandidat Junqueras konnte aber schließlich nicht an der Kampagne teilnehmen und Puigdemont, der sich als politisches Opfer in Brüssel verkaufte, erreichte mit seiner Einheitsliste dann sogar noch mehr Mandate. Das zerstörte die separatistische Einheitsfront", so Bartomeus.

"Er ist der einzige Kandidat"

Parlamentspräsident Torrent stellte am Dienstag zwar klar, Puigdemont, dessen Einheitsliste stärkste Fraktion im separatistischen Block ist, sei der einzige Kandidat. Er wolle mit der Debatte zur Regierungsbildung aber warten, bis das Verfassungsgericht nach Einsprüchen der spanischen Regierung wie des katalanischen Parlaments eine klare Entscheidung darüber getroffen haben, ob und wie Puigdemont gewählt werden kann.

Torrent will eine "realistische und effektive" Verabschiedung einer neuen Regierung. Katalonien brauche endlich wieder eine funktionierende Regierung, womit auch die Zwangsverwaltung aus Madrid beendet werde. Am Dienstag und Mittwoch kam es darauf hin, zu Streitigkeiten zwischen den Linksrepublikanern und Pugidemonts Junts per Catalunya. Sowohl Puigdemonts Formation als auch die CUP kritisierten Torrent und seine Partei scharf für die Verschiebung der Regierungsbildung.

"Nur mit zivilem Ungehorsam und der einseitigen Ausrufung der Unabhängigkeit könnten wir unsere eigene Republik verwirklichen", so CUP-Parlamentarier Carles Riera. Diese Panorama scheint aber immer mehr in die Ferne zu rücken. Dem scheint sich sogar Carles Puigdemont bewusst zu sein, darf man seiner Whatsapp glauben.

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