Kühler Empfang für Sigmar Gabriel in Jerusalem

Bundesaussenminister Sigmar Gabriel SPD trifft Benjamin Netanyahu Premierminister von Israel in
Bundesaussenminister Sigmar Gabriel SPD trifft Benjamin Netanyahu Premierminister von Israel in(c) imago/photothek (Thomas Koehler)
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Im Vorjahr hatte Israels Premier dem deutschen Außenminister eine Abfuhr erteilt. Auch diesmal traten die Differenzen im Nahost-Konflikt offen zutage. Gabriel lehnt den Trump-Vorstoß für Jerusalem als Hauptstadt Israels ab.

Jerusalem. Enge Freunde werden Benjamin Netanjahu und Sigmar Gabriel wohl nicht mehr. Entsprechend kühl blieb der Empfang des Staatsgasts, als Israels Premierminister und der deutsche Außenminister zum raschen Fototermin vor die Journalisten in Jerusalem traten. Es sei „immer eine Gelegenheit, mit Vertretern der Bundesregierung zu sprechen“, meinte Netanjahu, ohne Gabriel auch nur beim Namen zu nennen – und um einen Bogen zu dem „hervorragenden Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel“ zu spannen, die er beim Weltwirtschaftsforum vorige Woche in Davos getroffen hatte.

Immerhin scheint der Eklat vom vergangenen April der Vergangenheit anzugehören. Netanjahu sagte damals erbost kurzfristig ein Treffen mit Gabriel ab, nachdem der Außenminister mit Aktivisten der beiden regierungs- und besatzungskritischen Nichtregierungsorganisationen „Das Schweigen brechen“ und „Betselem“ zusammengetroffen war.

Obgleich sich Gabriel deutlich um Netanjahu bemüht gab und die Gemeinsamkeiten mit Israels Regierung betonte, blieben die politischen Meinungsunterschiede offensichtlich. Er sei erfreut zu hören, „dass Israel unverändert die Zweistaatenlösung anstrebt“, meinte Gabriel. Netanjahu warf ein: „Wir werden die Sicherheit westlich des Jordans kontrollieren“ – ob man das als Staat definiere oder nicht, stehe auf einem anderen Blatt.

Gabriel hatte sich schon vor fünf Jahren ungewöhnlich deutlich gegen Israels Besatzung positioniert. Damals besuchte der SPD-Chef die palästinensische Stadt Hebron und bezeichnete die dort herrschenden Lebensumstände als „unwürdig“. Aktuell liegt der Streit um die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels durch US-Präsident Donald Trump in der Luft. Die Bundesrepublik zieht mit der EU an einem Strang und hofft auf eine bilaterale Klärung zwischen Israel und den Palästinensern. „Für uns ist klar, dass es am Ende zwei Staaten geben soll, und Jerusalem Hauptstadt für beide sein kann.“

„Ohne die USA geht es nicht“

Nichtsdestoweniger wollte sich Gabriel bei Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas, den er im Anschluss an das Gespräch mit Netanjahu traf, dafür einsetzen, dass sich die PLO (Palästinensische Befreiungsorganisation) künftigen Verhandlungen nicht verschließt. „Wir denken, dass es ohne die USA nicht geht“, erklärte Gabriel. Die Palästinenser hatten angekündigt, die USA nicht als Vermittler im Friedensprozess zu akzeptieren, bis Trump seine Jerusalem-Erklärung zurückzieht. Abbas drängte gegenüber Gabriel auf eine verstärkte Rolle Deutschlands und Frankreichs. Erst jüngst war es in Bethlehem zu heftigen antiamerikanischen Protesten gekommen. Demonstranten bewarfen mehrere Fahrzeuge der US-Diplomaten mit Tomaten.

Der Besuch Gabriels in Jerusalem stärkt die Atmosphäre für eine Klimaverbesserung bei den im April anstehenden Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Unabhängigkeit Israels. Der Außenminister bezeichnete sich selbst als einen „Freund Israels“, der „ernsthaft besorgt“ sei. Auch Deutschland werde die Botschaft nach Jerusalem verlegen, kündigte Gabriel an – „aber erst, wenn es zwei Staaten in den Grenzen von 1967 gibt“. Bis dahin halte sich die Regierung in Berlin an die internationalen Gesetze. „Es gibt keine Abkürzungen.“

Während einer Konferenz des Instituts für Nationale Sicherheitsstudien in Tel Aviv mahnte Sigmar Gabriel vor einer „klar wachsenden Frustration in Europa über das Handeln Israels“. Auch in Deutschland sei vor allem die junge Generation „immer weniger bereit, sich mit der unfairen Behandlung der Palästinenser“ abzufinden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2018)

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