Als die SPÖ aktivistisch wurde

NATIONALRAT: PLAKATE
NATIONALRAT: PLAKATE(c) APA/ROLAND SCHLAGER
  • Drucken

Im Nationalrat ging es am Mittwoch um Beschäftigung für Arbeitslose. Theoretisch. Vor allem die Sozialdemokraten griffen die FPÖ scharf an.

Wien. Die SPÖ hat sich vielleicht noch nicht vollständig an ihre neue Rolle gewöhnt. Am Mittwoch war sie für kurze Zeit aber ganz Oppositionspartei und entdeckte den Aktionismus wieder für sich: Die Abgeordneten hielten bei der Nationalratssitzung Schilder und ein Banner in die Höhe, um gegen das Ende der „Aktion 20.000“ zu protestieren. Also jener Maßnahme der ehemaligen rot-schwarzen Regierung für die Schaffung von Arbeitsplätzen für ältere Langzeitarbeitslose.

„Ich würde ersuchen, die Plakate wieder wegzuräumen. Sie wurden gelesen“, sagte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka trocken dazu. Während Alois Stöger, früherer Sozialminister, also wieder auf seinem Abgeordnetensessel Platz nahm, verteidigte seine Nachfolgerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) die Entscheidung, seine Pläne abzusagen. Und zwar mit durchaus harten Worten: Die Beschäftigungsinitiative sei eine „verstaatlichte Arbeitsplatzbeschaffung“. „Und das sind Methoden des Kommunismus – es funktioniert nicht.“

Dann holte die Ministerin allgemein gegen die Politik der Vorgängerregierung aus. Die ehemalige Koalition sei verantwortlich dafür, dass es heute 150.000 Arbeitslose mehr gebe als 2008 zu Zeiten der Finanzkrise. „Das ist schon ein starkes Stück“, sagt Hartinger-Klein. Außerdem habe man verhindert, dass auch schlecht ausgebildete Österreicher Anteil an der Wertschöpfung hätten, weil die alte Regierung billige Arbeitskräfte aus dem Ausland hereingeholt habe.

Die SPÖ konterte aus den Abgeordnetenreihen mit einigen, mehr oder weniger lauten Zwischenrufen. „Das ist ja lächerlich“, rief ein Mandatar. „Das stimmt nicht“, ein anderer. Auch hier meldete sich Wolfgang Sobotka wieder aus dem Off, bzw seinem Pult: „Ich höre überhaupt nichts.“ Nachher fühlte sich sogar der Neos-Abgeordnete Gerald Loacker bemüßigt, die FPÖ zu verteidigen. „Wie sie die Ministerin niedergebrüllt haben, war unter jeder Kritik“, sagte er zu den roten Abgeordneten.

Und auch ÖVP-Klubchef August Wöginger war verärgert: Er verwies darauf, dass schon das Regierungsprogramm klar stelle, dass Personen mit langen Erwerbskarrieren sogar bessere Bedingungen beim künftigen Arbeitslosengeld haben würden. „Wer immer gearbeitet hat, braucht sich keine Sorgen machen, wenn er über 50 arbeitslos wird.“

Eine „seltsame Inszenierung“

Ein bisschen friedlicher verhielten sich die Mandatare bei den Auftritten von zwei anderen Ministern: Sowohl Heinz Faßmann (ÖVP) als auch Herbert Kickl (FPÖ) gaben eine Erklärung zur Bildung bzw. innerer Sicherheit ab. Kritik gab es aber trotzdem, vor allem an dem Innenminister: Üblicherweise hätten solche Ansprachen zumindest einen erkennbaren Anlass, meinte etwa Andrea Kuntzl (SPÖ) – dieses Mal sei es aber eine „seltsamen Inszenierung“ gewesen. Sie hätte sich von Kickl eine Erklärung erwartet, wie er mit den Burschenschaften und den dort herrschenden verfassungsfeindlichen Umtrieben umzugehen gedenke.

Neos-Chef Matthias Strolz sah „Gefahr in Verzug angesichts des Innenministeriums in blauer Hand“. Daran ändere auch eine verbal gut gesetzte Rede Kickls nichts. Man werde Wächter von Rechtsstaatlichkeit sowie von Freiheits- und Bürgerrechten sein, versprach er für seine Partei. Ganz ohne Plakate. (APA/ib)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

NATIONALRAT: HARTINGER
Innenpolitik

Nationalrat: "Das sind Methoden des Kommunismus"

SPÖ und Sozialministerin Hartinger krachten ob der Abschaffung der "Aktion 20.000" ordentlich zusammen: Hartinger nannte das Projekt "Methoden des Kommunismus".

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.