Vizekanzler Strache und Kulturminister Blümel nutzen die Diskussion um den Unesco-Status der Wiener City für einen Angriff. Sie wollen bis Herbst 2018 einen Report erstellen.
WIen. Immerhin lächelte Heinz-Christian Strache dabei, als er am Ende der Pressekonferenz Prinz Eugen ins Spiel brachte – einen „edlen Retter“, den das Weltkulturerbe brauche. Sonst waren die Mienen des Vizekanzlers und von Kulturminister Gernot Blümel ähnlich hart wie die Worte, die sie gegen die Stadt Wien richteten.
Dass mit dem „ominösen Hochhausprojekt am Heumarkt“ Schaden angerichtet worden sei. Dass das der „Startschuss für ein vollkommen neues Stadtbild“ wäre und dass der „Profit der Bauträger“ im Vordergrund stehe. Und immer wieder Breitseiten gegen „Rot-Grün“, das am Heumarkt die „Errichtung des Hochhauses mit Luxuswohnungen“ möglich gemacht habe.
Die Koalition von ÖVP und FPÖ hat in der Causa Weltkulturerbe einen ersten großen Angriff auf das rot-grün regierte Wien gestartet. Die Trägerrakete dabei ist die Erhaltung des kulturellen Erbes, die auch im türkis-blauen Regierungsprogramm steht. Und abgesehen davon ist auch die Bundesregierung Vertragspartner der Unesco in Sachen Weltkulturerbe. „Wir werden alle rechtlichen Schritte prüfen“, so Strache, „um die Übereinkunft einzuhalten.“
„Wien spielt doppeltes Spiel“
Der Stadtregierung werfen der Minister und der Vizekanzler ein doppeltes Spiel vor – man habe immer betont, dass sich die Stadt der Verantwortung für den Weltkulturerbe-Status der Innenstadt bewusst sei, doch agiert habe man immer so, als ob er egal wäre.
Nun will die Bundesregierung in den Prozess eingreifen. Konkret schlägt Blümel einen Expertenworkshop vor, bei dem unabhängige Experten Richtlinien diskutieren sollen. Zudem soll ein eigener Heritage Impact Assessment Report erstellt werden, in dem die Auswirkungen von geplanten Änderungen auf das Weltkulturerbe beurteilt werden. All das soll im Frühherbst 2018 geschehen und in einer Diskussion und einem Kompromiss mit der Unesco münden. Ob das, da die Entscheidung über den Welterbestatus Ende Juni bis Anfang Juli fallen soll, nicht zu spät kommt? Nein, meint Blümel. Denn die rote Liste, auf die die Unesco Wien gesetzt hat, sei ja keine Bestrafung, sondern eine Aufforderung zum Dialog. „Solange der besteht, gibt es die Möglichkeit, den Status zu erhalten.“ Und bis jetzt sei ein Status noch nie im ersten Jahr, in dem ein Welterbe auf der roten Liste stand, aberkannt worden.
Es ist nicht nur ein erster inhaltlicher Angriff, den die türkis-blaue Bundesregierung auf die rot-grün regierte Stadt vornimmt. Es ist auch ein erster vorgezogener Teil des kommenden Wahlkampfs für die Wiener Gemeinderatswahl 2020.
Immerhin kann Gernot Blümel, der nicht nur Minister, sondern auch Wiener Landesparteivorsitzender ist, damit ein Wiener Thema besetzen. Und auch Heinz-Christian Strache könnte ja ein Mitspieler im nächsten Wiener Wahlkampf sein – als möglicher Kandidat für das Bürgermeisteramt, für das er womöglich sogar die Regierungsverantwortung im Bund abgeben könnte. Es ist wohl auch Teil der Inszenierung, dass Blümel und Strache beim Gespräch mit Journalisten ihre Wiener Wurzeln betonen – und warum ihnen deswegen der Status des Weltkulturerbes für die Innenstadt so am Herzen liege.
Dass Strache und Blümel genau am 1. Februar diese Maßnahmen verkünden, ist auch kein Zufall. Bis zu diesem Datum musste Österreich – konkret das für Welterbe zuständige Bundeskanzleramt – der Unesco einen Bericht vorlegen, in dem auf die Fragen und Forderungen eingegangen wird. Die darin vorgeschlagenen Maßnahmen Expertenkommission und Report sollen laut Blümel dabei helfen, die festgefahrene Situation zwischen Unesco und Stadt Wien aufzulösen.
Vassilakou: Dialog existiert
Die derart angegriffene grüne Vizebürgermeisterin, Maria Vassilakou, sieht das anders. Noch während Strache und Blümel im Kanzleramt ihre Pläne vorstellten, sprach sie in einer Aussendung davon, dass damit nur vom „Nazi-Liederbuch-Skandal“ abgelenkt werden solle. Denn es gebe längst einen Dialog mit der Unesco – schon im März werde eine Unesco-Delegation auf Einladung des Bundeskanzleramts Wien besuchen. Das wisse auch Blümel, der als Minister ja im Kanzleramt angesiedelt ist, heißt es aus Vassilakous Büro. Man würde ohnehin alles unternehmen, um die Unesco umfassend zu informieren. Zum Thema Heumarkt seien jedenfalls bereits viel weiter reichende Maßnahmen als Blümel und Strache ankündigten im Gange.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2018)