Wienwert: Wo sind die Millionen?

Nichts mehr wert? Viele Anleihegläubiger fühlen sich geprellt.
Nichts mehr wert? Viele Anleihegläubiger fühlen sich geprellt.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Im Hintergrund der Pleite der in der Kritik stehenden Immo-Gesellschaft tobt ein heftiger Streit der Eigentümer. 900 Anleiheanleger dürften durch die Finger schauen.

Wien. Vor zwei Wochen sorgte das Immobilienunternehmen Wienwert mit der Ankündigung für Aufsehen, die Dachgesellschaft WW Holding sei zahlungsunfähig und überschuldet und bereite einen Insolvenzantrag vor. Jetzt ist der Antrag da – am Donnerstag wurde ein Sanierungsverfahren ohne (und nicht mit, wie ursprünglich geplant) Eigenverwaltung beantragt.

Das bedeutet, dass zumindest eine Quote von 20 Prozent für die rund 900Gläubiger erforderlich ist. So gut wie fast alle sind Zeichner diverser Anleihen, die die WW und die Wienwert über die letzten Jahre begeben hat. Ob sie Geld sehen werden, bezweifeln Gläubigerschützer. Denn laut dem vom Kreditschutzverband von 1870 (KSV) und der Creditreform vorgelegten vorläufigen Vermögensstatus betragen die Passiva 55,4 Mio. Euro. Davon entfallen auf Anleihen 34,4 Mio. Euro. Nur 2,7 Mio. Euro der Schulden sind besichert – es sind die Bankverbindlichkeiten. Auf Haftungsübernahmen gegenüber verbundenen Unternehmen entfallen 6,1 Mio. Euro.

Dem gegenüber stehen Aktiva von 18,8 Mio. Euro. Wobei nicht weniger als 9,8 Mio. Euro auf die Tochter Wienwert entfallen. „Alle diese Zahlen wird man sich mit dem Insolvenzverwalter genau ansehen müssen“, sagt KSV-Insolvenzexperte Hans-Georg Kantner zur „Presse“ und verweist auf das verflochtene Firmenkonglomerat, undurchsichtige Immobilientransaktionen und die mit extrem optimistischen Prognosen beworbenen hochprozentigen Anleihen.

Wienwert ist verpfändet

Was den Wert der Wienwert betrifft, vermittelt eine Aussage von Stefan Gruze, der WW- und Wienwert-Vorstand in Personalunion ist, in der Aufsichtsratssitzung vom 4. Jänner interessante Aufschlüsse. Laut dem der „Presse“ vorliegenden Sitzungsprotokoll sagte Gruze im Zusammenhang mit der drohenden Insolvenz und den Plänen, Wienwert zu verkaufen: „Nachdem die 99,99 Prozent der Aktien, die die Gesellschaft (WW, Anm.) an der Tochter Wienwert hält, für die Kreditaufnahme bei den Tochtergesellschaften G10 und WH10 (Baumaschinen- und Grundstücksfirma, Anm.) verpfändet sind, ist schon allein ein Kaufpreis von 8,8Mio. Euro notwendig, um die verpfändeten Aktien überhaupt erwerben zu können.“

Das Thema der unbesicherten Anleihegläubiger beschäftigt naturgemäß auch die Anlegervereine. „Die Bonds wurden mit Grundbuchabsicherung beworben“, sagt Franz Kallinger, Vorstand der AdvoFin Prozessfinanzierung. „Aber Pfandrechte, welche für die Anleihegläubiger im Grundbuch eingetragen wurden, wurden später zugunsten von Banken abgeändert.“

Ein Thema, das Gläubigerschützer und Anlegervertreter gleichermaßen beschäftigt, ist der Zeitpunkt der Insolvenz. Die WW Holding hatte schon 2016 ein negatives Eigenkapital und erhielt vom Wirtschaftsprüfer SOT auf die Bilanz nur einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk. Die PWC gab aber eine positive Fortführungsprognose. Der Anlegerverein Cobin Claims verweist nun auf ihm vorliegende Infos, dass Anleger, die ihr Geld im März 2017 bzw. Juni2017 zurückgezahlt haben wollten, bis heute nicht bedient worden sind. „Da stellt sich doch die Frage, wann die Insolvenz tatsächlich eingetreten ist“, meint Cobin-Claims-Obmann Oliver Jaindl. Er verweist auf die gesetzliche 60-Tages-Frist, binnen der ein Verfahren angemeldet werden muss, um der Gefahr der Insolvenzverschleppung zu entgehen.

Dazu ist die Aussage von Gruze in der Aufsichtsratssitzung vom 15. Jänner bemerkenswert, wonach – nach Beratung durch die Kanzlei Schönherr und die PWC – von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung schon ab dem 7. Dezember 2017 auszugehen sei. Wenn dem so ist, blieb für den Insolvenzantrag nicht mehr viel Zeit.

„Durchatmen . . .“

Wenige Wochen zuvor schien die Welt noch heil, jedenfalls aus Sicht Gruzes: In einem ebenfalls der „Presse“ vorliegenden Mail Gruzes an die Aufsichtsräte Hannes Bogner, Erich Münzker, Wolfgang Sedelmayer und Nikos Bakirzoglu vom 6. November schreibt er mit dem Hinweis auf zwei Anleihen: „...durchatmen... Das Thema ,Anleihen‘ ist (für 2017) erledigt...“.

Die eine von Gruze erwähnte Anleihe (ISIN AT0000A0XB13) im Wert von 4,1 Mio. Euro wäre am 1. November 2017 fällig gewesen. Der zweite Bond (AT0000A1LJK5) mit vier Mio. Euro ist in der Insolvenz verfangen, teilte die WW mit.

All diese Umstände sind Zündstoff im Konflikt zwischen den Firmengründern Sedelmayer und Bakirzoglu, die Mitte Dezember aus dem Wienwert-Aufsichtsrat ausgeschieden sind, und Gruze. Das schon lang nicht gerade innige Verhältnis hat sich seit der drohenden Pleite massiv verschlechtert. So werfen sich die drei Eigentümer vor, sich gegenseitig Millionen zu schulden – und bestreiten vehement die jeweiligen Ausstände. Die Aussage von Sedelmayers und Bakirzoglus Anwalt Stefan Prochaska, man habe einen deutschen Investor an der Hand, der Wienwert aus der Insolvenz kaufen und so zur Befriedigung der Anleihegläubiger beitragen wolle, löste bei Gruze keine Begeisterung aus. Über die Gründe wird gerätselt.

AUF EINEN BLICK

Die Immobiliengesellschaft WW Holding, Tochter der Wienwert, hat am Donnerstag ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung beantragt. Die Pleite, von der rund 900 Gläubiger – hauptsächlich Investoren in diverse Anleihen – betroffen sind, wirft viele Fragen auf. So etwa, wie viel die Wienwert, die nun verkauft werden soll, tatsächlich wert ist. Auf ihr lasten Pfandrechte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2018)

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