„Von Bogdan Roščić und Martin Kušej gibt es ambitionierte Pläne“

Holding-Chef Christian Kircher: „Das Tun der Aufsichtsräte ist von Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit und auch Sorge begleitet.“
Holding-Chef Christian Kircher: „Das Tun der Aufsichtsräte ist von Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit und auch Sorge begleitet.“ (c) Katharina F.-Roßboth
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Kulturpolitik. Auch in diesem Jahr wird sich an den Bundestheatern viel ändern. Die Preisgestaltung der Karten müsse etwa überdacht werden, sagt Holding-Chef Christian Kircher.

Es tut sich sehr viel in den Bundestheatern“, sagte Bundestheater-Holding- Chef Christian Kircher zu Beginn der Bilanzpressekonferenz am Donnerstag. Nicht nur wichtige Personalentscheidungen seien gefällt worden (Bogdan Roščić wird neuer Staatsoperndirektor, Martin Kušej neuer Intendant des Burgtheaters), auch in der Organisation sei es „zum größten Einschnitt in die Organisation der Holding seit Beginn der Ausgliederung“ gekommen: Finanzbuchhaltung und Personalverrechnung der Häuser wurden zu einem sogenannten Shared Service Center in der Holding zusammengelegt. „Die Kartenerlöse der Bühnengesellschaft sind auf höchstem Niveau“, und auch mit dem Bilanzgewinn der Holding (37 Millionen Euro) ist Kircher zufrieden. Wohlgemerkt hat der Verkauf des Stöcklgebäudes im Hanuschhof zu diesem Ergebnis geführt. Er war notwendig gewesen, um aus der Finanzkrise herauszukommen. Nun soll der Immobilienbestand besser verwertet werden, aber neue Verkäufe sind nicht geplant. Auch im nächsten Jahr wird und muss sich viel ändern, die IT-Landschaft und der Kartenvertrieb werden evaluiert. All das sagte Kircher bei der Pressekonferenz. Danach beantwortete er der „Presse“ noch einige Fragen.

Die Presse: 2017 fand die größte Organisationsreform seit der Ausgliederung von Burgtheater, Staats- und Volksoper 1999 statt. Wollen Sie noch mehr Aufgaben aus den Häusern zurück in die Holding holen?

Christian Kircher: Nein, ich bin ein bekennender Freund von Ausgliederungen, weil sie mehr Leistungsorientierung bringen und den einzelnen Gesellschaften mehr Freiheit für unternehmerisches Handeln geben. Die Zusammenführung hat nicht die Intention, Kompetenzen in die ministerielle Verwaltung zurückzuführen. Es geht ausschließlich darum, Transparenz zu schaffen, Funktionen und Abläufe zusammenzufassen, um sie vergleichbar zu machen, so wie das in jedem modernen Konzern der Fall ist. Der Abbau von Stellen war deklariertes Nichtziel.

Staatsoperndirektor Dominique Meyer kritisiert, dass die Grenzen zwischen der Holding und den einzelnen Häusern nicht mehr klar, sondern verwässert seien. Mischen Sie sich zu sehr ein?

Alle Häuser haben kaufmännische Geschäftsführer mit einer gesetzlichen Verantwortung, die ich ihnen nicht nehmen kann und nicht nehmen will. Planung, Strategie und Steuerung passieren in den Häusern. Das Geld ist die Schnittstelle, die mit der Holding abzustimmen ist.

Meyer sagte auch, in der Holding fehle es an „echten Theater- und Opernspezialisten“. Stimmt das?

Ich glaube nicht, dass es einen Mangel an Fachkompetenz bei uns gibt. Die Fragestellung zeigt ein Dilemma von Kulturinstitutionen auf: Wenn der beste Sänger oder Musikwissenschaftler Leiter der Holding wird, dann kann die Situation entstehen, dass die wirtschaftliche Kompetenz fehlt. Ich glaube, es muss jemand die Holding leiten, der hohes Verständnis fürs künstlerische Tun hat und eine wirtschaftliche Kompetenz mitbringt. Bei aller Bescheidenheit, das sehe ich bei mir gegeben.

Sie wollen sich auch nicht in künstlerische Belange der Häuser einmischen. Allerdings kosten Direktionswechsel erfahrungsgemäß besonders viel. Prallen da nicht künstlerische und wirtschaftliche Vorstellungen aufeinander?

Natürlich gibt es von beiden designierten Direktoren, Bogdan Roščić und Martin Kušej, ambitionierte Pläne. Wir sind gerade dabei, sie kostenmäßig zu bewerten und zu schauen, was davon umsetzbar ist. Es wird Neuausrichtungen geben, die wir finanzieren müssen. Derzeit schaut es gut aus. Aber schon im Vorfeld hatten wir mit beiden Kandidaten einen gewissen Grundkonsens erzielt. Roščić ist schließlich Manager eines Konzerns, in dem das Zahlenwerk ständig eine Rolle spielt. Und mit Kušej hatte ich zuvor viele Gespräche über seine Ideen. Er arbeitet in sehr gutem Einvernehmen mit seinem wirtschaftlichen Eigentümer, dem Freistaat Bayern, das wird von allen Seiten entsprechend bestätigt.(Anm.: Kušej leitet derzeit das Residenztheater in München.)


Derzeit laufen noch die Ermittlungen gegen den früheren Burg-Direktor Matthias Hartmann. Wird sich die Holding mit ihm vergleichen, wenn sie eingestellt werden?

Wir warten einmal ab, ob Anklage erhoben wird. Ist das der Fall, ist ein Vergleich kein Thema. Kommt es zu keiner Anklage, gibt es noch immer einen riesigen Sack an zivilrechtlichen Forderungen und Fragestellungen, die es zu klären gibt. Irgendwann wird man darüber reden, wie man mit all dem umgehen muss. Das betrifft beide Seiten.

Gibt es derzeit Gespräche mit Hartmann?

Es gibt keine direkten Gespräche, die Rechtsanwälte sind natürlich in Kontakt.

Kontrollversagen war der Hauptgrund für den Burgtheater-Skandal. Glauben Sie, dass die Qualität der Aufsichtsräte in den Häusern heute besser ist als damals?

Ich sehe, dass die Ereignisse bis zum Jahr 2014 noch immer Nachwirkungen haben und das Verhalten der Aufsichtsräte prägen. Ihr Tun ist von hoher Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit und auch Sorge begleitet. Und die Planungs- und Kontrollmöglichkeiten haben sich stark verbessert, wenngleich Missbrauch nie ganz zu verhindern ist.

Die Bundesregierung will die Holding neu aufstellen, steht im Regierungsprogramm. Was soll das heißen?

Ich hatte schon Anfang Jänner ein Gespräch mit Kulturminister Gernot Blümel, um diese Frage zu klären. Da hatte ich die Möglichkeit, meine Pläne – noch mehr auf die Kosten zu schauen, noch mehr Einnahmen zu erzielen und verantwortungsvoller mit Steuergeld umzugehen – darzulegen. Und sie sind auf seine Zustimmung gestoßen. Wir führen unsere Arbeit und den Reformkurs also fort.

Sie wollen auch überlegen, die Preise der Tickets neu zu gestalten. Werden die Karten teurer?

Unser Ziel ist es nicht, die Preise so zu erhöhen, dass die Häuser leer bleiben. Das erleben wir gerade in New York. Es soll uns aber auch nie etwas daran hindern, von anderen Theatern zu lernen. Es ist also etwa nicht ausgeschlossen, dass manche Plätze, die bei Vorstellungen sehr stark nachgefragt sind, teurer werden.

Gleichzeitig haben Sie einen kulturpolitischen Auftrag zu erfüllen: Die Häuser sollen möglichst vielen zugänglich sein.

Das ist mir bewusst, und genau diese rechtlichen Rahmenbedingungen gilt es zu erfüllen. Die Fragen nach höherer Wirtschaftlichkeit stellen sich dennoch, wir werden ihnen nicht ausweichen können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2018)


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