Mein Montag

Wie mich Produktdesign zu einer Frau machte

Knabberzeug
Knabberzeug(c) Clemens Fabry
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Männer mögen es angeblich, sich beim Chipsessen die Finger abzulecken. Wenn das Konfuzius wüsste.

Konfuzius sagt: „Wenn du das, was du gerade im Rucksack suchst, nicht eingepackt hast, wirst du es nicht finden, und wenn du noch so lang darin herumwühlst.“ Wie ein chinesischer Philosoph zur Zeit der Östlichen Zhou-Dynastie dieses Chaos zwischen Duschgel, einem Buch, einem Magazin, zwei Packungen Chips und viel zerknülltem Papier in einer Umhängetasche gedanklich vorwegnehmen konnte, ist eine gute Frage. Und noch interessanter ist, dass das Klischee der Tasche als Schwarzes Loch, in dem gerade das, was man sucht, im Ereignishorizont verschwindet, an sich auf Frauen gemünzt ist – Handtasche, groß, viel Zeug drin, Sie wissen schon. Lauscht man den Worten von Indra Nooyi, wird es in dieser Hinsicht sogar noch interessanter: „Frauen lieben es, Chips in ihren Handtaschen herumzutragen“, sagte die Geschäftsführerin von Pepsi Ende Jänner in einem Interview mit dem Podcast Freakonomics Radio. Aha. Deshalb plane der Konzern übrigens, Chips künftig in kleineren Packungen anzubieten, damit man sie überallhin mitnehmen kann.

Doch meine Frauwerdung ist damit noch nicht abgeschlossen. Denn laut Nooyi lecken junge Männer beim Chipsessen ihre Finger ab und leeren die letzten Brösel aus der Packung in ihren Mund. Frauen hingegen würden das nicht tun. So wie sie auch nicht gern in der Öffentlichkeit laut knabbern. Darum arbeite Pepsi an Low Crunch Chips für Frauen, die weniger Lärm beim Kauen machen und bei denen nicht so viel an den Fingern kleben bleibt. Als jemand, der Chips am liebsten mit Messer und Gabel essen würde, um die Finger nicht mit Bröseln zu panieren, finde ich den Vorschlag gar nicht schlecht. Und der Kaulärm des Sitznachbarn im Kino ist auch mir ein Dorn im Ohr. Nur muss man deswegen eine Frau sein? Nun, das ist vermutlich wieder so ein Geschlechterklischee. Sagt zumindest Konfuzius.

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2018)

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