Attacke auf Afrikaner: Berlusconi bezeichnet illegale Einwanderer als "soziale Bombe"

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Der italienische Ex-Premier heizt im Wahlkampf den Anti-Migrations-Ton auf. Er fordert die Rückführung von 600.000 Migranten. Die Polizei kontrolliert rechtsextreme Gruppen.

Nach der Schussattacke auf afrikanische Migranten im norditalienischen Macerata sorgt Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi mit Aussagen über Einwanderer für Aufsehen: Der Chef der Mitte-Rechts-Allianz forderte die Rückführung von 600.000 Migranten, die schätzungsweise illegal in Italien leben. Sie seien eine "soziale Bombe", sagte Berlusconi.

"Die Migrationsfrage ist eine äußerst gravierende Angelegenheit. In Italien zählt man 630.000 Migranten, lediglich 30.000 haben ein Asylrecht, weil sie von Krieg und Tod geflüchtet sind. Die anderen 600.000 sind eine Zeitbombe, die jederzeit explodieren kann, weil sie von Verbrechen leben", so Berlusconi am Sonntagabend im Interview mit dem ihm selbst gehörenden TV-Sender Canale 5. Berlusconis Mitte-Rechts-Allianz gilt laut Umfragen mit 36 Prozent der Stimmen als Favoritin bei den Parlamentswahlen am 4. März.

Auch der mit Berlusconis Partei Forza Italia verbündete Chef der ausländerfeindlichen Lega, Matteo Salvini, forderte mehr Entschlossenheit gegen illegale Einwanderer. "In Italien muss man die Regeln respektieren. Migranten ohne Aufenthaltsgenehmigung, die vom Drogenhandel leben, sollen ausgewiesen werden", so Salvini im Interview mit dem TV-Kanal "La 7" am Sonntagabend. Ihm gehe es nicht um Rassismus, sondern um Ordnung. "Das Problem ist nicht die Einwanderung an sich, sondern die illegale Einwanderung. Dank der letzten Regierungen sind 800.000 Migranten nach Italien gezogen. Ich möchte ein Italien, in dem man ruhig leben und arbeiten kann", sagte Salvini.

Regierung übt scharfe Kritik

Scharfe Kritik musste Salvini daraufhin von Industrieminister Carlo Calenda, Spitzenpolitiker der Mitte-links-Regierungspartei Partito Democratico (PD), einstecken. "Berlusconis Aussagen sind überraschend, doch er und Salvini haben nichts gemeinsam. Salvini hetzt zu Hass gegen die Linke mit Slogans über die weiße Rasse und über eine angebliche Migranteninvasion auf", so Calenda.

Auch sein Parteikollege Innenminister Marco Minniti hatte die Parteien bereits am Sonntag aufgerufen, ihren Ton im Wahlkampf zu zügeln. "Uns steht ein weiterer Monat Wahlkampf bevor. Die Gefahr, dass Hass zu neuer Gewalt führt, ist äußerst groß", meinte er in einem Interview vom Wochenende.

Kontrollen in rechtsextremen Kreisen

Vor allem in Rom nahm die Polizei neofaschistische Gruppierungen unter die Lupe, berichtete die Tageszeitung "Corriere della Sera" (Montagsausgabe). Es besteht die Befürchtung, dass die Tat des 28-jährigen Schützen Nachahmer findet. Unter anderem wurden Waffenlizenzen rechtsextremer Anhänger kontrolliert. Die Polizei beobachte auch Internetportale mit rechtsextremer Propaganda, die zu gewalttätigen Aktionen gegen Migranten aufhetzen, hieß es.

Am Samstag hatte ein 28-jährige Schütze auf der Straße in Macerata wahllos auf Menschen mit dunkler Hautfarbe geschossen und dabei sechs Afrikaner verletzt. Bei seiner Festnahme war er in eine italienische Flagge gehüllt und zeigte zugleich den römischen Gruß. Auf dem kahlrasierten Kopf von Luca T. prangt rechts der Stirn auch eine Tätowierung: das Symbol einer „Wolfsangel“, einst Truppenkennzeichen einer Panzerdivision der deutschen SS und Ende der 1970er das Zeichen der neofaschistischen Terza Posizione.

Bei der Durchsuchung seiner Wohnung fand man allerhand Objekte mit faschistischem und nationalsozialischem Hintergrund, etwa Schriften und Fahnen. Bei T. liege eine Borderline-Störung vor, berichtete ein Freund des Mannes, der mittlerweile ins Gefängnis nach Ancona gebracht wurde.

(APA)

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