Syrien: Rettungshelfer werfen Regime Giftgas-Attacken vor

APA/AFP/OMAR HAJ KADOUR
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2013 hatte die syrische Regierung der Vernichtung seiner Chemiewaffen zugestimmt. Syrien setze die Waffen aber weiterhin ein, meint das US-Außenministerium. Hilfsorganisationen unterstützen diese Darstellung.

Rettungshelfer und Aktivisten werfen der syrischen Regierung erneut den Einsatz von Giftgas vor. Die Rettungsorganisation Weißhelme berichtete am Montag, in der von Rebellen kontrollierten Stadt Sarakeb im Nordwesten des Bürgerkriegslandes seien mindestens zwölf Menschen verletzt worden, als sie Chlorgas eingeatmet hätten. Ein Hubschrauber habe eine Bombe mit dem Gas abgeworfen, so die Helfer.

Eine unabhängige Bestätigung für die Angaben gab es zunächst nicht. In New York wollte sich am Montag der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UNO) mit dem Einsatz von Chemiewaffen in Syrien befassen.

Syrien war nach einem Giftgasangriff 2013 unter starkem internationalem Druck der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) beigetreten und hatte der Vernichtung seiner Chemiewaffen zugestimmt. Bis jetzt ist aber unklar, ob Syrien tatsächlich alle Bestände zerstören ließ. Chlorgas fällt nicht unter das Verbot, da es auch für zivile Zwecke eingesetzt werden kann.

Syriens Führung weist Vorwürfe zurück

Am Donnerstag hatte US-Verteidigungsminister James Mattis Syriens Führung unter Präsident Bashar al-Assad beschuldigt, weiterhin Chemiewaffen zu produzieren und einzusetzen. US-Regierungsvertreter haben zudem den Verdacht geäußert, dass die Führung in Damaskus neuartige Chemiewaffen entwickelt und dass Präsident Baschar al-Assad heimlich einen Teil des C-Waffen-Arsenals behalten hat, statt es wie mit den USA und Russland vereinbart 2014 zur Zerstörung übergeben zu haben. 

Das syrische Außenministerium wies diese Anschuldigungen in einer Stellungnahme an die staatliche Nachrichtenagentur Sana zurück. Man habe die gesamten Chemiewaffenbestände der OPCW übergeben, hieß es. Syriens Regierung war in der Vergangenheit mehrfach vorgeworfen worden, in dem fast siebenjährigen Bürgerkrieg Giftgas eingesetzt zu haben.

So kam ein gemeinsames Untersuchungsteam der UNO und der OPCW in einem Bericht zu dem Schluss, die syrische Luftwaffe sei für den verheerenden Saringasangriff auf die Stadt Khan Sheikhoun am 4. April des vergangenen Jahres mit mehr als 80 Toten verantwortlich. US-Präsident Donald Trump ordnete daraufhin einen Raketenangriff auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt an, von dem der syrische Einsatz ausgegangen sein soll. Mattis sagte, jeder habe mitbekommen, wie die USA damals reagiert hätten. Die syrische Regierung "wäre schlecht beraten", wenn sie erneut gegen C-Waffen-Auflagen verstieße.

Moskau verstärkt nach Jetabschuss Angriffe in Syrien

Bilder und Recherchen legen zudem nahe, dass die Regierung nur wenige Tage zuvor in einem nahegelegenen Ort ebenfalls Saringas eingesetzt hatte. Syriens Regierung weist jede Schuld für die Angriffe zurück und wird dabei von ihrem Verbündeten Russland unterstützt.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete am Montag zudem Luftangriffe auf weitere von Rebellen kontrollierte Gebiete im Nordwesten Syriens. In der Stadt Idlib seien mindestens drei Zivilisten ums Leben gekommen, in dem Ort Kafr Nubl sechs. In dem Ort Maarat al-Numan wurde demnach auch ein Krankenhaus getroffen. Den Weißhelmen zufolge ist das Hospital nach dem Angriff außer Betrieb.

Die umkämpfte Provinz Idlib ist eine der letzten Rebellenhochburgen in Syrien. Regierungstruppen konnten jedoch in den vergangenen Wochen größere Gebiete einnehmen und setzen ihre Offensive gegen die überwiegend islamistischen Milizen fort. Russische Jets unterstützten die Angriffe - Moskau ist im Bürgerkrieg ein wichtiger Verbündeter der Regierung in Damaskus. Rebellen hatten am Wochenende erstmals ein russisches Flugzeug abgeschossen. Russlands Armee verstärkte daraufhin ihre Angriffe in Nordsyrien.

(APA/dpa)

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