Brexit: „Wir haben nicht eine Minute zu verlieren“

EU-Unterhändler Michel Barnier.
EU-Unterhändler Michel Barnier.(c) APA/AFP/DANIEL LEAL-OLIVAS
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Michel Barnier läutet mit Besuch in London die nächste Phase der Brexit-Verhandlungen ein.

London. Im Zeichen wachsender Uneinigkeit in der britischen Regierung über den Brexit hat EU-Unterhändler Michel Barnier einen dringenden Appell an die Führung in London gerichtet: „Wir haben nicht eine Minute zu verlieren“, sagte er am Montag vor dem Treffen mit Premierministerin Theresa May und Brexit-Minister David Davis in der britischen Hauptstadt. Mit technischen Gesprächen beginnt am heutigen Dienstag die zweite Runde der Brexit-Verhandlungen.

Dabei geht es um die Gestaltung der künftigen Wirtschaftsbeziehungen. Nach heftigen Protesten der Brexit-Hardliner gegen die Position von Schatzkanzler Philip Hammond, der „nur sehr bescheidene Änderungen“ der geltenden Regelungen will, hat May in der Nacht auf Montag ein Machtwort gesprochen: „Es ist nicht unsere Politik, in der EU-Zollunion zu bleiben“, erklärte ein Regierungssprecher. Gegner eines Verbleibs in der Zollunion kritisieren, dass damit in Großbritannien weiter EU-Bestimmungen gelten und insbesondere das Land auch nach dem Brexit nicht in der Lage wäre, bilaterale Handelsabkommen zu schließen. „Damit wären uns die Hände gebunden“, meint etwa Staatssekretär Dominic Raab.

In Wahrheit ist der Spielraum der Briten aber gering. In einem Positionspapier räumte die Londoner Regierung im Herbst ein, dass man unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen des Landes im Grunde nur zwei Optionen habe: entweder eine „Partnerschaftsvereinbarung“, in der sich Großbritannien um „exakte Übereinstimmung“ mit der EU-Zollunion bemüht, oder die Einführung eines „hochgradig rationalisierten Verfahrens“, indem moderne Technologie traditionelle Grenzkontrollen erübrigen soll. Die britische Regierung will ihren Kurs in einer zweitägigen Sitzung des „Brexit-Kriegskabinetts“ am Mittwoch und Donnerstag festlegen. (gar)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2018)

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