Neuer ÖGB-Chef: "Gehe nicht zuerst auf die Barrikaden, sondern zum Heurigen"

(c) Gepa, SPÖ
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Die Arbeitnehmer-Vertretungen haben eine neue Spitze: Wolfgang Katzian wird in der Gewerkschaft Nachfolger von Erich Foglar. Renate Anderl übernimmt in der Arbeiterkammer das Ruder von Rudolf Kaske.

Die neuen Vorsitzenden von ÖGB und Arbeiterkammer stehen so gut wie fest. Der Chef der Privatangestelltengewerkschaft Wolfgang Katzian übernimmt von Erich Foglar das Präsidentenamt im Gewerkschaftsbund und ÖGB-Frauenchefin Renate Anderl folgt Rudolf Kaske an der Spitze der Arbeiterkammer. Die entsprechenden Weichenstellungen hat die Fraktion sozialdemokratischer Gewerkschafter am Dienstag in einer Pressekonferenz kundgetan. Zwar müssen Katzian und Anderl in den jeweiligen Gremien noch gewählt werden, jedoch ist angesichts der Mehrheitsverhältnisse die Kür sowohl im ÖGB als auch in der AK nur noch Formsache.

Anderl ist nach Lore Hostasch, die von 1994 bis 1997 die AK führte, die zweite Frau an der Spitze der Organisation. Mit seinem Wechsel an die ÖGB-Spitze gibt Katzian auch den Vorsitz an der Spitze der sozialdemokratischen Gewerkschafter ab. Diese wichtige Machtposition in Gewerkschaft und SPÖ geht an den Chef der Produktionsgewerkschaft "pro-ge" Rainer Wimmer. Neue ÖGB-Vizepräsidentin wird Korinna Schumann.Notwendig geworden waren die Rochaden, da sich sowohl Foglar als auch Kaske wie erwartet in den Ruhestand zurückziehen.

Die Designierung des neuen Spitzenpersonals erfolgt formal im Vorstand der FSG Ende Februar. Zur AK-Präsidentin wird Renate Anderl dann am 27. April gekürt, Wolfgang Katzian wird im Rahmen des ÖGB-Kongresses Mitte Juni gewählt.

"Bin ein Mensch, der den Dialog bevorzugt"

Bis dahin will sich der neue Gewerkschaftschef nicht zu seiner künftigen Funktion äußern. Allerdings stellte er bei der Pressekonferenz Dienstagvormittag klar, dass er im Umgang mit der Regierung zunächst einmal auf Dialog setzen will: "Ich bin ein Mensch, der den Dialog bevorzugt. Ich gehe nicht zuerst auf die Barrikaden, sondern zum Heurigen."

Allerdings machte Katzian auch klar, dass es die Gesprächsbereitschaft der Gewerkschaft nicht um jeden Preis geben wird: "Wenn es jemanden gibt, der uns diese Bereitschaft zum Dialog als Schwäche auslegt, werden wir - wenn notwendig - auch in den Widerstand treten." Inwieweit unter ihm eine Reform der Gewerkschaft zu erwarten ist, ließ Katzian offen. Tabus gebe es jedenfalls keine.

Will Austria-Präsident bleiben

Sein Mandat im Nationalrat wird Katzian - Stand jetzt - im Fall seiner Wahl ebenso zurücklegen wie Anderl das ihre im Bundesrat. Präsident des Fußball-Klubs Austria Wien wird er jedoch bleiben. Man möge ihm auch in seiner neuen Funktion ein Hobby zugestehen, ersuchte der künftige ÖGB-Chef. Einen Wechsel gibt es dafür an der Spitze der Privatangestellten-Gewerkschaft. Die GPA hat bereits am Montag Barbara Teiber als Nachfolgerin Katzians designiert.

Dass Katzian überhaupt an die Spitze des Gewerkschaftsbunds vorrückt, ist dem freiwilligen Abschied des bisherigen Präsidenten Erich Foglar geschuldet. Dieser begründete seinen Rückzug damit, dass es seiner persönlichen Lebensplanung widersprochen hätte, noch einmal eine gesamte Funktionsperiode bis zum 68. Lebensjahr zur Verfügung zu stehen.

Schon im Dezember hatte AK-Präsident Rudolf Kaske bekanntgegeben, dass er keine weitere Funktionsperiode anstrebt. Anderl war seine Wunschkandidatin für die Nachfolge. Noch will sich Kaske aber nicht in den Ruhestand zurückziehen. Für Anfang März kündigte der scheidende AK-Chef eine Pressekonferenz an, in der ein Mitglieder-Dialog vorgestellt werden soll. Das ist die Antwort der Kammer auf die Forderung der Regierung, bis Mitte des Jahres Reformen einzuleiten. Kaske meinte am Dienstag dazu, man sei ausschließlich den eigenen Mitgliedern verantwortlich und dementsprechend werde man mit diesen nun einen umfassenden Dialog starten.

Anderl: Trete in große Fußstapfen

Nachfolgerin Anderl betonte, dass sie gut überlegt habe, ob sie die neue Funktion annehmen soll, trete sie doch in große Fußstapfen. Aber sie habe sich letztlich rasch entschlossen, für das Amt der Arbeiterkammer-Präsidentin zu kandidieren, sei es ihr doch immer ein Anliegen gewesen, dass auch Frauen in Spitzenpositionen aufrücken.

Ihre Funktion als ÖGB-Vizepräsidentin übernimmt mit Korinna Schumann übrigens eine Vertreterin der Beamten-Gewerkschaft. Die "vida", die bisher über Kaske das Präsidentenamt in der AK und früher über Willi Haberzettl den FSG-Vorsitz inne hatte, ging damit bei den Rochaden leer ist.

(APA)

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