Der Salzburger Strafrechtsprofessor Hinterhofer kann sich eine Erhöhung von Mindeststrafen vorstellen. Staatssekretärin Edtstadler hatte zuvor Kritik zurückgewiesen.
Der Salzburger Strafrechtsprofessor Hubert Hinterhofer spricht sich bei der anstehenden Strafrechtsreform zunächst für eine ergebnisoffene Evaluierung der letzten Maßnahmen in diesem Bereich auch. Erst dann könne man in einer Taskforce vernünftig arbeiten, meinte der Jurist Dienstagmittag im Gespräch mit der APA.
Der Strafrechtler wünsche sich eine kriminalsoziologische Erhebung der bestehenden Strafpraxis. Dafür müssten seiner Meinung nach die zwei Jahre reichen, seit denen die letzte Reform in Kraft ist. Dabei müsse man schauen, ob das Problem der Strafrahmen oder die Praxis sei - also wie hoch die von den Richtern verhängten Strafen sind.
Alle betroffenen Berufsgruppen einbeziehen
Wichtig sei Hinterhofer auch, dass in die von Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP) verantwortete Arbeitsgruppe alle relevanten mit Strafrecht befassten Berufsgruppen einbezogen werden. Das bedeute neben Vertretern von Wissenschaft, Staatsanwälten und Gerichten auch die Verteidigerseite.
An sich fand es Hinterhofer zunächst "sehr plakativ und fast populistisch", dass nun erneut bei Körperverletzung und Sexualdelikten Änderungen geplant sind. Andererseits stecke für den Experten doch etwas mehr dahinter, wenn man sich die Sache genauer ansehe: So ist für ihn denkbar, punktuell den Mindeststrafsatz anzuheben, etwa beim sexuellen Missbrauch von Unmündigen. Auch so könne man die Gerichte steuern.
Resozialalisierungsarbeit "massiv verbesserungswürdig"
Dass es zwischen Strafhöhe und Taten einen Zusammenhang gebe, sei "wissenschaftlich nicht belegt", sagte Hinterhofer. Sonst müsste man in Staaten mit Todesstrafe weniger Morde haben. Aber eine "gewisse Abschreckungswirkung" könne die Strafhöhe schon haben. Unstrittig ist für den Strafrechtler auch, dass die Resozialisierungsarbeit im Strafvollzug "massiv verbesserungswürdig" sei. Diese Themen seien aber nicht zu vermischen.
Insgesamt wünsche sich Hinterhofer, dass man nach der Aufregung der ersten Tage nun wieder zur Sachlichkeit zurückkehren solle. Dass die Reform von der Staatssekretärin des Innenressorts und nicht vom Justizministerium ausgearbeitet wird, verwundert allerdings auch den Strafrechtler.
Staatssekretärin Edtstadler hatte die Entscheidung in der ORF-Nachrichtensendung "ZiB 2" am Montag damit argumentiert, dass sie selbst Strafrichterin sei. Die Kompetenz für die Einbringung des Gesetzes werde dann beim Justizressort liegen beziehungsweise bei jenen Ministerien, die für die dann beschlossenen Maßnahmen zuständig seien. Kritik von Experten hatte Edtstadler in dem Interview mit dem Verweis auf kund getane Meinungen in Online-Foren beiseite gewischt: Ihr sei es auch wichtig, "den sozialen Frieden im Land zu wahren", sagte sie in Anspielung auf Social-Media-Postings zu als zu niedrig empfundene Strafen.
(APA)