Geoblocking: EU-Kampf gegen Verbraucherhürden

 Die Praxis des Geoblocking ist vermutlich jedem bekannt, der dann und wann Dinge im Internet einkauft, ausländische Fernsehsendungen im Internet anschauen oder Musik herunterladen will.
Die Praxis des Geoblocking ist vermutlich jedem bekannt, der dann und wann Dinge im Internet einkauft, ausländische Fernsehsendungen im Internet anschauen oder Musik herunterladen will. (c) REUTERS (THOMAS PETER)
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Was mit der Abschaffung der Roaminggebühren begann, setzt sich mit dem Verbot der nationalen Diskriminierung im Onlinehandel fort. Die größte Hürde sind Film und Fernsehen.

Straßburg. Stets darum besorgt, ihre Nähe zu den Bürgern und den unmittelbaren Nutzen des eigenen Tuns für ihren Lebensalltag zu illustrieren, haben Europaparlament und Kommission mit der Abschaffung der Roaminggebühren ein Paradebeispiel gefunden. 72 Prozent der befragten Europäer denken, dass sie beziehungsweise ihre Familie und Freunde daraus Nutzen ziehen werden, ergab eine Eurobarometer-Erhebung im August 2017, nach dem ersten Sommer ohne diese Preisaufschläge fürs Telefonieren und die Benutzung mobilen Internets im Ausland. Welches andere EU-Vorhaben kann sich derart breiter Zustimmung beim Volk erfreuen?

Ausnahme für TV-Sendungen

Dieser Einsicht folgend hat das Europaparlament am Dienstag in Straßburg eine weitere Hürde abgeschafft, auf die der Bürger stößt, wenn er beim Kaufen nationale Grenzen zu überschreiten hofft. Die Abgeordneten stimmten einer neuen Verordnung zu, welche das Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung verbietet, die einzig auf Wohnort oder Nationalität des Kunden fußen. Die Praxis des Geoblocking ist vermutlich jedem bekannt, der dann und wann Dinge im Internet einkauft, ausländische Fernsehsendungen im Internet anschauen oder Musik herunterladen will. Allzu oft erhält man dann die Auskunft, dass der gewünschte Gegenstand oder Inhalt im jeweiligen Land nicht erhältlich ist oder nur gegen einen wucherischen Preisaufschlag. Damit ist, sobald diese Verordnung in Kraft tritt (neun Monate nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU), Schluss. Onlinehändler dürfen ihre Kunden nicht mehr aufgrund ihres Aufenthaltsortes diskriminieren, wenn sie ihnen Waren, elektronische Dienstleistungen (zum Beispiel das Betreiben eines virtuellen Datenspeichers in der Cloud) oder Hotel- und Mietwagenbuchungen verkaufen.

Doch in den Jubelmeldungen so gut wie aller politischer Parteien gehen einige wesentliche Einschränkungen dieses Diskriminierungsverbotes unter. So wird es einem Onlinehändler erstens nicht auferlegt, Güter ins Ausland zu verkaufen und – hier liegt der Hase im Pfeffer – sie auch per Paket dorthin zu liefern, wenn er das nicht will. Zweitens sind urheberrechtlich geschützte digitale und audiovisuelle Inhalte bis auf Weiteres vom Geltungskreis dieses Gesetzes ausgenommen. Filme, E-Bücher und Fernsehsendungen dürfen dem Publikum im Ausland also weiterhin vorenthalten werden. Nach zwei Jahren wird die Kommission prüfen, ob diese Ausnahmen gerechtfertigt sind.

Schärfere Regeln für Pakete

In der Zwischenzeit sorgen andere europarechtliche Maßnahmen dafür, dass den Bürgern zumindest einiges Ärgernis erspart bleiben könnte. Im Juni 2017 schloss der Rat das Verfahren zur Schaffung einer Verordnung ab, mit der gewährleistet wird, dass man die in einem Land abonnierten Filme, Musikdienste, Sportübertragungen, E-Books oder Videospiele im gesamten Binnenmarkt nutzen kann, wenn man urlaubt oder einen Studienaufenthalt verbringt. Ab 2019 wiederum gilt dank einer überarbeiteten Richtlinie stärkere Transparenz für die Tarife von Paketzustellern, und die nationalen Regulierungsbehörden erhalten neue Möglichkeiten, etwaige Preistreiberei zu unterbinden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2018)

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